Warum sie will
Nicole von Horst schreibt auf Kleinerdrei warum sie jetzt heiraten will. Sie, die nie heiraten wollte – und sie schreibt das auf ihre unnachahmlich tolle Art.
Heiraten. Verheiratet sein.
Ich denke an meine Heirat. An meine Ehe. Die passt jetzt so gar nicht ins Bild. Auf den ersten Blick.
Aber dann doch wieder, weil ein Aspekt fehlt. Ein Aspekt, der ganz selten zur Sprache kommt.
Jedenfalls für mich. Für mein Leben war das so. Kennt ihr „The Power of Love“ von Jennifer Rush? Ich neige ja musikalisch zum Kitsch. Wenn ich an meine Ehe zurückdenke, dann denke ich an diesen Song. (Ich glaube er stammt aus der Zeit.)
„Cause I am your lady
And you are my man“
Nicht ganz gendergerecht, aber „ich bin dein Pol und du mein Gegenpol“ bringt mein Herz nicht so ins vibrieren. Aber das muss sein. Denn nur mit diesem Vibrieren ist die Erinnerung echt.
Meine Ehe hat mir die „Power of Love“ gezeigt. Die ganze verdammte Power. Hätte sie mir vielleicht auch ohne Ehe gezeigt, aber das ist hypothetisch. Denn diese Liebe war ohne Ehe nicht denkbar und diese Ehe ohne Liebe nicht. Ich wäre beinahe daran gestorben. An dieser Ehe und an dieser Liebe – und habe nie verstanden, dass vor der Liebe nicht mehr gewarnt wird. Vor allem vor der ehelichen Liebe.
Meine Liebe hat sich verharkt und verkantet, sie ist mit der Liebe meines Mannes auf eine so wunderliche Art und Weise verwachsen, dass sie lebensgefährlich wurde.
Es sollte mehr gewarnt werden vor Gefühlen, die gesetzlich geregelt werden. Obwohl: eine gesetzliche Regelung ist das ja nicht. Nur ein gesetzlicher Rahmen.
Was jetzt nicht heißt, dass ich irgendjemand vom Heiraten abhalten will. Ganz im Gegenteil. Liebt so oft ihr die Gelegenheit dazu habt, aber passt auf eure Seele auf!
Das ist das Wichtigste.
Nie die Power of Love unterschätzen! Ein Tsunami ist ein lahmes Plätschern dagegen.
Nachtrag: Da fällt mir wieder ein, nicht unerheblich bleibt auch – was die Liebe will.
Ich war wohl immer schon zu unromantisch, um zu heiraten (siehe auch meinen Kommentar bei Nicole). Und so staune ich immer wieder, wie sich dieses Ehe-Konstrukt hält – einfach aus Gefühlen heraus, selbst bei engagierten Kritikerinnen.
Meine Männer hab‘ ich auch immer heftig geliebt und bin heute froh, dass zwei meiner langjährigen Partner zu wahren Freunden wurden. Aber auch froh, dass wir uns nicht aufwändig scheiden lassen mussten, sondern einfach einen anderen Abstand wählen konnten. Und die „Drama-Komponente“ sich in Grenzen hielt…
Deine Geschichte wirft viele Fragen auf. Eine Liebe, nur als Ehe denkbar? Das lässt mich rätseln…. aber das ist ja nichts Neues „hier“ und hat auch seinen Reiz!
Gut, dass du deine Seele gerettet hast!
Tja, so sachlich, vernünftig und klar wie in deinem Leben läuft das mit der Liebe bei mir nicht ab. Und auf eine Liebe, die sich in eine Freundschaft verwandelt, muss ich wohl noch warten.
Die Drama-Komponente lässt sich auch ohne Ehe ausleben, wenn sie unbedingt benötigt wird. Im Großen und Ganzen gibt es also wenig Gründe zu heiraten. Wenig vernünftige, meine ich. Aber viele, viele unbewusste oder psychologische Gründe.
Ich bin auch froh, dass ich meine Seele gerettet habe. Und heute spiele ich nicht mehr ganz so unbekümmert mit dem Feuer, dass sich Liebe nennt. Und trotzdem gibt es ab und an ein Brandschaden.
“ so sachlich, vernünftig und klar“ war das gar nicht! Ich hab ja durchaus „aus Gefühlen heraus“ die Ehe vom Start weg abgelehnt.
Einerseits war es Zeitgeist (->weg mit Muff von 1000 Jahren und allem staatlich Verordneten/Gewährten. Plus neue Frauenbewegung, die die Ehe sowieso als Disziplinierung/Ausbeutung/Zuhause-Haltung von Frauen ansah), andrerseits Ergebnis persönlicher Betroffenheit. Meine Mutter schaffte es erst im dritten Anlauf, sich endlich scheiden zu lassen – wir Kinder waren dafür, lange bevor sie das in Betracht zog!
Ehe sah ich als Käfig/Freiheitsberaubung und Traditionsgehäuse für Unverbesserliche an – Liebe war für mich nur denkbar „in Freiheit“.
Das hab ich natürlich auch ausgestrahlt, engagiert vertreten – also wagten sich meine Liebsten keinen Heirats-Antrag! Heirateten nach unserer Trennung gleich die Nächste, meist eine mir irgendwie Ähnliche… 🙂
Einen ernst gemeinten Antrag (ganz ohne dass eine Beziehung oder auch nur Sex gewesen wäre) bekam ich Ende 20 von einem, der meine damals besonders sichtbar werdenden Kompetenzen für sein Unternehmen quasi damit „einkaufen“ wollte – und gleich auch Kinder zeugen für die Nachfolge. Er war 20 Jahre älter und ich staunte, wie man so drauf sein kann… ! Fand aber meine Meinung zu „Ehe“ nur allzu bestätigt! (Als Managerin hätte er mich nicht bezahlen können!)
Mit einem „für immer dein“ hab ich tatsächlich nie gespielt. Das wär mir eher wie eine Drohung vorgekommen.
Vielleicht spielte der Zeitgeist bei mir auch eine Rolle. Nur genau entgegengesetzt: Ich hab 1981 geheiratet und der Entschluss dazu fiel, nachdem wir uns eine Woche kannten, mit großer Wonne gegen den Zeitgeist.
Wenn Du schreibst: Liebe war für mich nur denkbar in Freiheit – dann klingt das für mich sehr sachlich, vernünftig und klar. Mich überfällt die Liebe immer noch anfallartig und fern mancher sachlichen Grundlage. Was ich jetzt besser kann: Ich weiß um die Gefährdungen, die von ihr ausgehen und inszeniere sie jetzt anders.
Das ist das Schöne an der Lebenserfahrung.
Wenn ich da so drüber nachdenke … Meine Mutter hat ihre Seele nicht retten können, scheint mir (so im Nachhinein, in der Rückschau der Trauer), trotz Scheidung. Es war ihr nicht möglich.
Wer weiss, dieser finale Krebs, dieser Brustkrebs, der wiedergekehrt ist und metastasiert hat, vielleicht war das die Analogie zum gebrochenen Herzen? Oder zu verborgener Schwermut?
Sie konnte keine Hilfe annehmen (also, für den Krebs ist sie schon zum Arzt, nicht falsch verstehen), aber vielleicht wollte sie den Schmerz? Als Erinnerung?
Manche Menschen spüren sich nur über den Schmerz. Oder sie identifieren sich über ihr Unglück. Das sind ziemlich komplizierte und verworrene Mechanismen.
Stimmt. Hatte ich vergessen.