Sprachfaul

Manchmal bin ich sprachfaul.
Wortträge.
Satzmüde. Manchmal ist mir die Stille lieber. Oder die Bilder. Ab und zu auch die Natur. Alles was das Reden erspart ist willkommen. Als Kind habe ich gern in einer sprachlosen Traumwelt gelebt. Mit dem Erwachsen werden musste ich lernen, dass das mit dem telepathischen Verständnis unter den Menschen nicht immer klappt. Dass ich manchmal etwas sagen sollte, auch selbstverständliches. Das erschien mir so unverständlich. Warum das erwähnen, was eh jeder sehen, hören oder wahrnehmen konnte? Warum sich gegenseitig immer wieder der Banalitäten versichern? Das erschien mir so umständlich. Es kostete so viel Zeit. So viel Zeit und schien mehr Missverständnisse zu fördern, als gar nicht zu reden.
Aber es half nichts. Ich musste das reden lernen, denn Menschen, die nicht reden sind unheimlich. Verstockt. Vielleicht auch verhext. Menschen, die nicht reden, verurteilen. Sie werten. Sie verunsichern.
Nun ja, Erwachsenwerden ist kein Zuckerschlecken. Ratzfatz nehmen sie dir den größten Teil deiner privaten Traumzeit und zwingen dich, deine Lebenszeit mit Konventionen zu verbringen.

Aber ganz ehrlich: Dafür nehme ich mir bis heute das Recht heraus, nur die Konventionen zu erfüllen, die mir zum Miteinander unbedingt notwendig erscheinen. Den Rest lege ich großzügig aus.

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