Selbstbeschreibung
Ich bin eindeutig zu streng zu mir und meinen Mitmenschen. Das merke ich immer wieder. Wobei es so ist, dass ich im Vorteil bin, denn die Strenge zu mir selbst wird abgemildert durch einen weiteren entgegen gesetzten Zug meiner Persönlichkeit: Meine Neigung, fast alle Dinge, Begebenheiten, Situationen oder Umgebungen in einen emotionalen Licht zu sehen. Sie in ihren gefühlsmäßigen Kontext wahrzunehmen. Da schießt meine moralisch Strenge manchmal wie ein Blitz durch diese Wahrnehmung.
Für meine Mitmenschen ist es schwieriger mit diesem Zug von mir umzugehen. Für sie kommt die Strenge oft sehr unerwartet und trifft sie somit ungebremst.
die strenge ist ja möglicherweise auch die folge einer emotion und da immer die balance zu finden zwischen strenge und milde, ist tatsächlich nicht einfach.
Es macht ja auch wenig Sinn mit Milde auf die Moral zu pochen. Mir ist nicht ganz klar, wie andere das machen.
Lieber zu streng, als inkonsequent zu sein. Eine gesunde strenge ist mir echt lieber, als eine Person, die alles durchgehen lässt und immer zu allen und jedem „amen“ sagt. Liebe Grüße Sarah
„Mit Milde auf die Moral pochen“… 🙂 Ich glaube, das ist die Art, wie ich das im Digital Diary mache… aber das ist ja auch ein kaum existenziell wichtiger Kontext.
Doch auch ansonsten bleibe ich eher gelassen, denn ich weiß um meine eigenen Abgründe und dunklen Seiten, Fehler und Fehltritte, Bequemlichkeiten und Trägheiten, Bedenken und Ängste – und was uns sonst noch so alles daran hindert, Mrs. Perfect zu sein.
„Mit mir streng sein“ (und also auch mit anderen) hat nicht nachhaltig funktioniert, sondern mich in den Burnout geführt – und in große Täuschungen über mich und mein Verhältnis zur Welt, zu Anderen und zum „Welt verbessern“ insbesondere.
Also hab ich mir verziehen und nehme mich, wie ich bin. Wie es Freunde tun, die miteinander eben nicht so streng sind, sondern sich trotz der Ecken und Kanten mögen.
Seitdem ist es auch recht friedlich mit Anderen – ohne dass ich jetzt ignorant wäre gegenüber dem Negativen in der Welt. Aber ich weiß, dass der Einzelne nicht unbedingt immer so leicht anders kann – an all den vielen Fronten, wo es heute gälte, ANDERS zu handeln. (Weil ich es selber auch nicht kann, nicht mal vorgeben kann, mich da überall ständig anzustrengen…).
In dieses Rahmenverständnis ist mein gelegentliches „Pochen auf Moral“ immer eingebettet. Das macht es dem Adressaten leicht, sich verstanden zu fühlen – und mit mir gemeinsam evtl. drüber nachzudenken, wie man den eigenen Schweinehund hier oder da austricksen könnte.
Ja, unfähr so. Hab Dank für den Schreibimpuls!
@Claudia:
Danke für Deinen Kommentar. Er bringt mich weiter.
Ich kann das alles schon verstehen. Wie das geht, die Überzeugungsarbeit usw. aber wenn ich auf Moral poche, dann geht es nicht um persönliche Abgründe und dunkle Seiten, da geht es um Bereicherung, Eitelkeiten und Machtspiele aller Art.
Die werden auch von Menschen ausgeübt, und mit Motivationen, denen ich durchaus folgen kann, aber da gibt es bei mir kein Erbarmen – ich nehme das Wort jetzt einfach mal dafür.
Das macht mich zu einem unsicheren Faktor in der Gremienwelt.
„….dann geht es nicht um persönliche Abgründe und dunkle Seiten, da geht es um Bereicherung, Eitelkeiten und Machtspiele aller Art.“
Ich hatte keine Unterschiede zwischen negativ bewerteten Verhaltensweisen gemacht. Auch ich habe schon Machtspiele satt betrieben, war stolz un eitel – und vermutlich habe ich mich auch hier und da bereichert, es mir aber als etwas anderes „schön geredet“.
Du hattest gefragt, WIE es gehen soll, „mit Milde auf Moral zu pochen“ – und das ist halt meine Antwort: Nicht auf das be- und verurteilen Anderer konzentrieren, sondern sich der eigenen Verfehlungen und Unperfektheiten (sowohl in Taten als auch Gedanken) stets bewusst sein.
Zu meinen, ich sei selber immer bei den Guten und habe von daher alles Recht, andere zu verurteilen und zu maßregeln, war die Haltung meiner Jugendzeit – so ca. bis 38. Und nie war ich so eine Schreckschraube wie in jenen Jahren davor!
und immer noch bin ich so stolz und eitel, dass es mich ärgert, im obigen Kommentar „stolz un eitel“ getippt zu haben… 🙂
Nun ja, ich wende die Strenge durchaus auch bei mir an. Bei mir selbst vielleicht noch am schärfsten, weil es da keinen Filter gibt. Anderen Menschen gegenüber wirkt die Strenge eher wie eine Notbremse, die klarstellt: bis hierhin und nicht weiter. Her ist die Grenze, deren Überschreitung ich auf keinen Fall dulden werde.