Schuld und Bestrafung
Die Petition gegen die Sanktionen bei den ALG-II-Empfängerinnen kommt nicht richtig in Gang. Über alle Kanäle wird sie geteilt. Auf Facebook, Twitter, über die Gewerkschaften, die Linken und auch die Piraten, aber sie glimmt nur vor sich hin. Woher kommt das? Sind die Menschen alle so stumpfsinnig und teilnahmslos? Kaum anzunehmen. Wahrscheinlich gibt es mehrere Gründe, warum die Petition so wenig Anhängerinnen findet. Rund 25000 sind es.
Ein Grund liegt sicher in der zeitlichen Planung. Die Vorweihnachtszeit ist die Zeit des Spendens und Schenkens. Arme Menschen werden beschenkt. Am liebsten die „ohne Schuld“ in Armut geratenen Menschen. Die Tafeln haben Hochkonjunktur, die Speisung der Armen, das hat was biblisches, was heiliges. Das passt. An Weihnachten selbst wird sogar der Obdachlosen gedacht. Sogar, weil jede weiß: nicht alle Obdachlosen sind „schuldlos“ arm. Aber an Weihnachten macht eins eine Ausnahme. Schließlich ist Alkoholismus auch eine Krankheit. Ebenso wie Drogensucht.
Die Vorweihnachtszeit ist die Zeit der Großzügigkeit. Aber die Großzügigkeit schließt nicht ein, dass wir gegen die Bestrafung sind. Diese Gesellschaft bestraft gern, viel und ausgeklügelt. Das ist Teil ihres Gerechtigkeitsempfinden. Wohlverhalten wird belohnt und Verhalten, das nicht angepasst erscheint wird bestraft. Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. So weit werden wir in dieser Gesellschaft nicht gehen. Jedenfalls bildet sich das ein Großteil der Gesellschaft ein. In Deutschland verhungern keine Menschen. Nein, sie verwahrlosen seelisch und moralisch, weil wir sie nicht mehr Teilhaben lassen. Aber wer will das schon sehen, wer macht sich das schon bewusst. Die Sanktionen bedienen einen niedrigen Instinkt und das sehr direkt.
Ein anderer Grund, warum die Petition nicht gut läuft, ist die Initiatorin. Inge Hannemann, die ehemalige Mitarbeitein der Arbeitsagentur. Ist sie nicht wie Edward Snowden eine Verräterin? Hat sie nicht für das Sytem gearbeitet und es dann verraten? Macht sie sich nicht ständig wichtig und drängt sich in den Vordergrund? Da ist es doch besser sie mit Nichtachtung zu bestrafen. Womit wir wieder bei den Sanktionen wären.
Nächstes Jahr sind die Hartz-IV-Gesetze 10 Jahre in Kraft. 10 Jahre in der gezielt eine marode, vernachlässigte und abgehängte Unterschicht wachsen konnte.
10 Jahre in denen Kinder in Armut aufwachsen.
10 Jahre Angst vor der Agentur, den Arge-Mitarbeitern, vorm Briefkasten.
Aber schon klar: die Schuldigen müssen bestraft werden.