Planänderung. Kurz und dennoch schmerzhaft.
Es ist schwer mit diesem Jahr in einen Rhythmus zu kommen. Vierzehn Tage bin ich zu spät dran. Wahrscheinlich.
Draußen kocht eine trübe, schwüle Suppe ihr Klimasüppchen. Die Bäume werfen Blätter ab, sie gaben ihr Bestes.
Ich sitze nun hier und starre ins Weite. Beanspruche Platz, Ruhe und Geborgenheit.
Wieder eine tropische Nacht mit 25 Grad morgens um 5:30. Es ist dunkel, wenn ich aus dem Haus gehe und ich mache Kompromisse mit mir selbst, weil ich meine Schwäche spüre. Mental und physisch erledigt schleppe ich mich durch die Hitzetage.
Heute startet der Bürovormittag mit prasselndem Regen und einer angenehmen Abkühlung. Was für ein Geschenk!, denke ich. Heute Nachmittag bezahle ich die Quittung: es ist schwüler denn je.
Im Moment bin ich auf Durchhalten programmiert.
Mein Büro ist ein magischer Ort. Da kommen Menschen mit ihren Sorgen rein und verlassen es erleichtert wieder. So weit, so gut, wenn du eine Personalrätin bist. Allerdings sagt das erste Sorgenverarbeitungsgesetz, dass die Sorgenbilanz im meinen Büro immer ausgeglichen bleibt. Die Sorgen wechseln ihren Aggregatszustand und docken in meiner Seele an.
Dieser Kreislauf funktioniert in unterschiedlichen Varianten: Präsenz-Sorgenaufbereitung, telefonische Sorgenbereinigung auch Online ist diese Magie wirksam. Die Zielgruppe erweiterte über die Jahre ihre Kreise. Selbst die, die in der professionellen Rolle des Gegenübers sind, nutzen die magischen Kräfte, die von diesem Büro ausgehen.
Ab und zu japse ich: Ich bin keine professionelle Seelsorge! Da lächelt das Gegenüber und sagt freudestrahlend, es tut so gut, sich mit dir zu unterhalten.
Und wenn sie den Raum verlassen, dann fragen sie sich, ob das Päckchen, das sie vorher trugen, sich in Luft aufgelöst hat. Oder war es vielleicht nie da? Vielleicht nur eingebildet? Mit neuer Kraft geht es ans Tagewerk.
Mir werden die Schulter und die Seele schwer.
Habe ich es schon erwähnt? Habe ich es schon erwähnt!
Ein Blog ist schließlich auch zum Dokumentieren da: Mehr als 20.000.000 Corona-Infektionen weltweit. Ich atme kurz durch und ignoriere das Thema für zwei Wochen. Vielleicht. Hoffentlich! Wahrscheinlich.
Wir werden sehen. Irgendwann bin ich die Gelassenheit in Person.
Bei der letzten Corona-Diskussion hier in der Sammelmappe sind mir nachträglich mehrere Lichter aufgegangen. Zum Beispiel, dass die Eliminationsstrategie oft mit dem Lookdown gleichgesetzt wird. Aber das muss ja nicht sein. Sollte auch besser nicht so sein.
Sollte es zu einem neuen Lookdown kommen, dann wurde etwas gravierend falsch gemacht.
Aber wollte ich nicht vorübergehend zu diesem Thema schweigen?
Ich schweige.
Das sich in der Ferne hoffnungsvoll aufbäumende Grollen entpuppt sich dann doch immer wieder als eins der 20% der Flugzeuge, die zum Horizont fliegen.
Mein Jammern auf diesen Seiten beinhaltet das laute Stellvertreterjammern für die Lieben, die hier nicht vorkommen sollen.
Allerdings schlägt mein Herz in dieser Hinsicht vor Sorge so laut, dass es am anderen Ende des Schweigens die Stille stört.
claudia August 10th,2020
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Die Sonne brennt ungehalten. Ein Teil meiner Persönlichkeit hat sich abgespalten und sucht nach einer kühleren Welt.
Der Rest liegt im Dunkeln und trägt den Kühlakku mit Grazie.
Mir ist vollkommen unklar, wie ich durch die nächste Arbeitswoche kommen soll.
Das Glück springt mir aus der Tasche. Zum Ausgleich scheint die Venus im Morgengrauen in mein Zimmer.
Bald prasseln die Sternschnuppen vom Himmel.
Zur Erinnerung an die Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hatte. Dann fällt es leichter über die Gruben hinwegzusteigen, in denen die Träume vergraben werden.
Es ist wieder ein Drosten-Artikel rausgekommen und die Fangirls jubilieren. Ich verstehe, warum er eine Identifikationsfigur ist und Halt gibt, aber inhaltlich vertritt er nicht immer die besten Strategien.
Ehrlich gesagt: Ich finde sowohl diesen Artikel zum Teilen problematisch, als auch einige seiner früheren.
Mir ist schon klar, dass das mittlerweile durch seine Rolle in der Öffentlichkeit kaum mehr anders sein kann. Aber die Situation wird dadurch nicht besser.
Seine Kritik an den Strategien der Gesundheitsämter und des RKI ist fundamental. Dann formuliert er einen Vorschlag für einen Krisenmodus und schreibt: „Hierüber muss Einigkeit bestehen.“
Ja, genau. Die drei wichtigsten Expertenkategorien Gesundheitsämter, RKI und er interpretieren und handeln nach unterschiedlichen Strategien, er erläutert das umfangreich und kommt dann zum Schluss, dass über seinen Vorschlag Einigkeit bestehen muss.
Das ist richtig, weil sein Vorschlag sonst für die Tonne ist.
Das ist absurd, weil im Moment gerade das Problem besteht, dass mit Werkzeugen unterschiedlicher Strategien gearbeitet wird, jede Strategie für sich aber nur Sinn macht, wenn sie insgesamt und konsequent durchgezogen wird. Wenn also Einigkeit besteht. Was aber offensichtlich nicht der Fall ist.
Wir sitzen ganz schön fest in der Bredouille.
Die Menschen sind im Großen und Ganzen nicht unvernünftig. Es ist die Politik, die ihre Steuerungsrolle in dieser Situation nicht übernimmt. Es liegt in ihrer Verantwortung, sich für eine Strategie zu entscheiden und diese konsequent durchzuziehen.
So viele unterschiedliche gibt es da ja nicht.
Davon abgesehen ist mein Favorit die Strategie, das Virus zu eliminieren. Drosten ging von Anfang an – also als die Zahlen noch einstellig waren – immer nur einer Strategie der Eingrenzung nach. Jetzt noch deutlicher, das gefällt mir nicht.
Trotzdem wäre ich beruhigt, wenn wenigstens diese Strategie flächendeckend und konequent umgesetzt würde.
Dorothea Schlegel
„Man muss alle Menschen ein ganz
klein wenig besser behandeln, als sie
es verdienen; so entwaffnet man sie
am leichtesten.“
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