Jeden Tag sammle ich ein paar Tropfen Zuversicht und verliere sie bis zum Abend wieder.
Auf Twitter geht die Frage um, was eine wohl macht, wenn die Pandemie vorbei ist.
So rein hypothetisch, von einem Tag auf den andern. Die instinktive Antwort darauf: feiern. Eine große Fete.
Die wahrscheinliche Antwort ist trauern. Trauern über die Verstorbenen und die Schwererkrankten, trauern über das, was kaputt gegangen ist, trauern über die vertanen Chancen.
Und Aufatmen. Das auch.
Bildbeschreibung: Blick vom Balkon am Morgen im November, oben rechts nur teilweise im Bild eine Blumenampel mit Erdbeerpflanze, im Hintergrund kahl werdende Bäume und am Boden gelbe Blätter.
*** Langsam ernährt sich das Eichhörnchen *** und ich schleppe mich von Tag zu Tag ***die wichtigen Dinge stehen hintenan im Leben *** Lebensglück ***
Wir drehen unsere Spaziergangsrunde auf dem grauen Messplatz-Parkplatz, denn der idyllische Ostpark bleibt den ambitionierten Sportler*innen überlassen. Seit dem Wochenende krönt eine Corona-Teststation die Mitte des grauen Platzes. Für 69 Euro kannst du dich zum Sparpreis testen.
Einziger Lichtblick im Hintergrund: die Taskforce des Landes arbeitet gewissenhaft die Impflogistik ab. Schafft all die Dinge an, die es zum Impfen braucht. Tupfer, Nadeln, Kühlbehälter, Desinfektionsmittel.
Macht euch nur ruhig weiter über den öffentlichen Dienst! Dort arbeiten die Verwaltungsleute, über die ihr euch scharenweise lustig macht.
Wir machen das, was wir immer tun. Rödeln, damit es irgendwann klappt.
Die Sonne zeichnet ihr eigenes Bild vom Morgen. Eine Lichtzeichnung, eine Farbenfreude. Weil sie es kann, lässt sie die Baustelle im romantischen Schein erleuchten.
Weil sie es kann, verschwendet sie ihre Farbenpracht.
Für einen Moment vergesse ich alle Sorgen. Bleibe stehen und atme mich in den Tag hinein.
Gestern der Vorsatz jetzt endlich einen Schritt zurück zugehen und mich nicht mehr von den Aktualitätsstrudeln mitreißen zu lassen und heute vor acht Uhr schon ausgetickt.
Vielleicht bin ich nicht mehr kompatibel mit dieser Welt. Mag sein, dass diese Pandemie Löcher in menschlichen Gehirnen hinterlässt. Große Löcher und viele Ich, Ich, Ich-Gene.
Traurige Welt. Traurige Erkenntnis.
Ich mag mich gar nicht mehr darüber informieren, wie viele freilaufende Corona-Infektionen in Deutschland aktiv sind. So viel mehr als im Frühjahr müssen das sein. Und die positiv getesteten Pflegekräfte, dürfen jetzt bei den positiv getesteten Pflegepatienten ihren Dienst machen.
Weil die Virenlast ja so gar nichts mit dem Krankheitsverlauf zu tun hat. Was für eine Welt!
Und die anderen Menschen hätten gerne eine Zuckerschicht um ihre Existenz. Weich gepolstert und Puderzucker hintenrein.
Hab es gestern schon mal empfohlen und tue das heute nochmal.
Ist leicht geschrieben und ernsthaft, handelt von Wissenschaft, Natur, Klima und Menschen. Beschreibt die Situation, dass eine junge Forscherin, dann doch viel zu oft auf Habicht stehen muss.
Kein Klamauk, einfach gute Unterhaltung zu einer Ausnahmesituation, in der so viele Alltagssorgen, wie unter einem Brennglas hervortreten.
Gestern hab ich dann noch die Instagram-Fotos von der Station C entdeckt. Und die machen ganz atemlos.
298,1 der Index in Frankfurt. Die Beschränkungen werden nicht ausreichen, das war zu erwarten.
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„Südlich vom Ende der Welt“ heißt das Buch, das ich gerade leidenschaftlich gern lese. Trotz meiner Abneigung von Kälte. Carmen Possnig war 2017 auf der Forschungsstation Concordia und überwinterte in der Antarktis und beschreibt diese Monate sehr lebendig.
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In sieben Wochen ist Weihnachten vorbei.
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Am meisten freue ich mich über die Vögel, die langsam wieder zahlreicher zu den Futterstellen auf den Balkon kommen.
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Und Morgen wage ich mich wieder in die infizierte Welt.
Neuer Höchststand bei den Neuinfektionen mit 23.399. Neuer Höchststand beim Frankfurter Index mit 263 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner.
Das Argument, das beim ersten Fakt noch scheinbar zieht, funktioniert beim zweiten nicht mehr, denn Frankfurt beschränkte die Kontakte schon früher und strenger als im bundesweiten „Lookdown Light“ realisiert. Diese Beschränkungen bringen genau das, was eine vermutete: nichts.
Aber wir wollen hier in der Sammelmappe nicht negativ in die Zukunft schauen. Dazu ist das Wetter zu schön, die Welt zu friedlich, die Träume zu intensiv.
She came to me one morning One lonely Sunday morning Her long hair flowing in the midwinter wind I know not how she found me For in darkness I was walking And destruction lay around me From a fight I could not win
Ken Hensley ist verstorben.
Da war ich wohl zehn Jahre alt, als diese mysteriöse Lady durch die Lande lief.
Acht Jahre später bin ich dann auf und davon und heiratete einen Mann mit ähnlicher Haarpracht und weißem Plüschhemd.
Das Handy zeigt ein Grad, als ich heute Morgen das Haus verlasse, die Apotheken zeigen übereinstimmend alle vier Grad an. Vier ist heute auch die Zahl, die sich die Corona-Warn-App für meine Risikobegegnungen aussuchte. Zwischen eins bis fünf liegen die Zahlen der positiven Corona-Test in meinem Umfeld am jeweiligen Arbeitsplatz. Mit zwei Ausnahmen ganz ohne. Die eine glückliche bin ich.
Die Zahl der Neuinfektionen traut sich noch nicht ganz, die 20.000 Marke zu knacken.
Dänemark meldet einen mutierten SARS COV2 Erreger und riegelt einige Gegenden ab. War klar, dass das Virus mutiert. Wussten wir schon im Januar. Wir haben ein Gehirn, mit dem wir denken könnten.