Karsamstag. Andere nennen es treffender Care-Samstag. Ohne Sorgearbeit funktioniert das Leben nicht.
Hab Wäsche gewaschen und kurz darüber nachgedacht, ob das gesellschaftskonform ist. Nicht, dass es in der Karwoche so merkwürdige Regeln analog zu den Raureifnächten gibt und ich aus Versehen euer gutes Karma zerstöre und wir landen gleich in der nächsten Pandemie oder ohne Umwege auf dem Wüstenplanet.
Meine Recherche hat keine karmaschädigende Hinweise gegeben, also hab ich gleich die nächste Maschine gewaschen und sie auf dem Balkon in den Wind gehängt.
Karfreitag. Oder einfach nur der Beginn von vier Tagen freie Zeit. Frohe Zeit. Vorbei schielen an Infektionszahlen, Impfquoten und schrägen Politikzitaten. Aus- und einatmen.
Sonne und Wind aufnehmen. Lesen und Leben. Futtern nebenbei.
Vollmond vorbei. Frachter schippert wieder. Fast 9.000.000 Erstimpflinge. Die dritte Welle rollt. Ich übe mich im Twitter-Fluch und bedaure meine eingeschränkten Voodoo-Kenntnisse.
Der globale Handel hängt mal wieder an ein bisschen Sand im Kanal.
In der Zwischenzeit warnt uns die Regierung vor ihrem Regierungsverhalten. Entschuldigt sich aber nicht dafür, dass ihr nach einem Jahr Pandemie keine Maßnahmen einfallen. Keine Verpflichtungen der Arbeitgeber für Homeoffice, für Tests, für Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Alles weiterhin warme Empfehlungen.
Hessen kauft diese blöde App ein, statt die Corona-Warn-App weiter zu entwickeln und die Zahl der Erstimpfungen ist im Schneckentempo nach dem dritten Monat über die 10%-Marke gerutscht.
Das Ereignislevel des heutigen Tages war leider nur knapp unter dem gestrigen. Und das des gestrigen kam auch nicht aus dem Nichts, sondern hat sich aufgebaut und in immer neue Höhen geschraubt.
Mein Verstand sagt eindeutig, dass das nicht mehr lange durchzuhalten ist. Aber immer, wenn ich die Geschwindigkeit rausnehme, kommt irgendwer daher mit einem kleinen Weltrettungsplan. Leider haben alle diese Weltrettungspläne den Nachteil, dass sie scheinbar nur von einer einzigen Person durchgeführt werden können.
Was auch bald beginnt und von mir nicht begrüßt wird, ist die Sommerzeit am nächsten Wochenende. Das ist schade, bin ich doch die letzten Tage im Licht des Sonnenaufgangs zum Büro gelaufen.
Ansonsten wurde mir heute bewusst, dass ich von ganzem Herzen dankbar bin, dass sich in meinem engen sozialen Umfeld nicht eine einzige Verharmloser*in der Pandemie befindet.
Wie schmerzhaft das sein muss, Freundschaften deswegen zu verlieren oder in der Familien Kämpfe dazu austragen zu müssen. Das tut mir sehr leid für Menschen, die das erleben müssen.
Die Inzidenz in Hessen steigt auf 100,2. Erstgeimpft sind 8,5% der Hessinnen und Hessen. Der Frühling blinzelt durch die Wolken. Ich habe anlasslos gute Laune und geträumt, dass eine Kollegin aussteigt und einen Käseladen aufmacht. Den Käse gäbe es günstig im Hinterland. Riesige Wagenräder, sehr lecker, niemand wolle sie haben, aber sie müssten doch zu vermarkten sein.
Mein Traum-Ich macht billige Scherze. Sehr durchsichtige Deutung.
Vor sieben Tagen der letzte Eintrag im Kontakttagebuch. Seither mit keiner Personen aus einem anderen Hausstand länger als 10 min und mit Abstand und Maske verbracht. Wahrscheinlich ginge auch länger als 2 min durch.
Sollte die Pandemie irgendwann einmal vorbei sein, werde ich mich an die physische Präsenz von Menschen wieder gewöhnen müssen. Und an die tausend Dinge, die damit in Verbindung stehen.
Zur Dokumentation: 8,3 % der Menschen in Hessen sind erstgeimpft.