Journal27092024
Ein außergewöhnliches Buch: Bluets von Maggie Nelson.
Könnte es in Dauerschleife immer wieder lesen.
Ein außergewöhnliches Buch: Bluets von Maggie Nelson.
Könnte es in Dauerschleife immer wieder lesen.
Antje Schrupp hat einen inspirierenden Text über das 60-Werden verfasst, der mich zum Nachdenken angeregt hat. Während meine eigenen 60 Jahre bereits etwas zurückliegen, erinnere ich mich, dass ich damals ähnliche Gedanken gehabt haben könnte. Doch die Pandemie hat diese Zeit in einen grauen Schleier gehüllt. Es war einfach nicht möglich, umfassende Überlegungen anzustellen. Überall schwebten Fragen in der Luft, und nur eines schien gewiss: Unser Alltag würde sich noch lange verändern. Ironischerweise ist genau das nicht eingetreten. Stattdessen sind viele andere Aspekte im Nebel der Pandemie untergegangen.
In Anbetracht dieser Erfahrungen erscheinen meine Reflexionen über das Seniorinnenalter fast trivial. Umso mehr widme ich mich nun dem Selbstbild der Rentnerin, die ich bald sein werde.
Wie möchte ich als Rentnerin leben? Was ist mir wichtig, und nach welchen Maßstäben möchte ich meine Ressourcen – Zeit und Geld – einteilen? Wie viel Kraft und Energie stehen mir zur Verfügung? Welche Wirkung möchte ich erzielen, und was möchte ich bewirken? Es gibt noch so viel, das ich über mich selbst entdecken kann.
Diese Fragen begleiten mich auf meinem Weg in das Rentenleben und laden mich ein, aktiv über meine Zukunft nachzudenken.
Große Leseempfehlung für diesen allseits gelobten Roman von Martina Hefter. Er nimmt so viele ernsthafte Themenstränge auf und verbindet sie gekonnt miteinander. Ich befürchte, wenn ich versuche, Handlung oder Figuren aus dem Roman zu beschreiben, dann wirkt das eher abschreckend. Aber sie bringt tatsächlich so gewichtige Inhalte wie Carearbeit, prekären Arbeiten, Kunst, Bürokratie, Alltagsgewalt, Social Media Scam, Kolonialismus und Rassismus mühelos unter. Das Format erinnert mich an den Sternenhimmel mit seinen vielen verschiedenartigen Himmelskörpern und den unterschiedlichen Zeithorizonten. Aber vielleicht ist es eine Tanz-Choreografie, damit kenne ich mich nicht aus. Möglich wäre es.
Es gelingt mir das Gedankenkarussell auszuschalten und in den Tag hineinzuleben. Ein Wunder, das ich nicht zum Einsturz bringen möchte, indem ich darüber nachdenke. Es ist so angenehm für kurze Zeit aus dem permanenten Alarmzustand raus zu sein. Ungewohnt und so durch und durch erholsam.
Hab mir Farbstifte gekauft, die mich glücklich machen. Pinselmalstifte sozusagen. Ich wußte gar nicht, dass es so etwas gibt. Damit kann ich wunderschöne Muster malen. Die beste Ablenkung ever.
Aber so leicht wie mich die kleinen Dingen glücklich machen können, gibt es auch welche, die mich unglücklich machen. Die seit zwei Wochen geschlossene Stadtbücherei zum Beispiel. Das ist in den vergangenen Jahren schon mehrfach passiert, dass sie plötzlich schließen musste, weil ihre Software Zicken machte.
Hast du keine andere Sorgen? Doch. Ich habe einen riesigen Berg voller Sorgen. In allen Skalierungen und Farben. Aber da gibt es auch eine kleine feine Ecke mit den Freuden und dem kleinen Glück.
Das kleine Glück ist das Filetstück aus der Serie der Glückseligkeiten.
Spätsommer und Frühherbst. Am Bornheimer Hang findet sich beides.
Je nach Perspektive.
Gerade waren es 31 Grad, jetzt schüttet es bei 18 Grad. Es ist schwül. Es ist kühl.
Wie in einem Kippbild. Nur mit dem ganzen Empfinden. Mit allen Sinnen.
Das Rauschen des Regens lässt Sehnsucht nach der Gemütlichkeit des Winters aufkommen. Der Jahreszeit, in der das Drinnensein keiner Erklärung bedarf.
Auf beziehungsweise – weiterdenken findet die hermeneutische Sekunde viel Resonanz in den Kommentaren. Caroline Krüger hat ihren Impuls von der Denkumenta 3 schriftlich aufbereitet, sodass auch diejenigen, die nicht in Götzis sein konnten, an diesem schönen Gedanken teilhaben können.
Edna O’Brien: „Die kleinen roten Stühle“
Es ist das erste Buch von Edna O’Brien, das ich las. Es kommt mit einer Wucht und einem Zauber daher, die nur in wenigen Büchern steckt.
Aber Vorsicht! Es ist ein Buch voller Grauen.
Noch schaffe ich es nicht, die vergangenen Tage auf der Denkumenta 3 zusammenzufassen. Es ist so viel passiert und ich wünsche mir sehr, dass ich es schaffe, bevor die Erinnerung zu sehr verblasst. So viel ist dort geschehen.
Besonders berührt hat mich der Eindruck des Wiedersehens. Die Tatsache, dass die Denkumenta in so großen Abständen stattfindet, lässt mich das Vergehen der Zeit und die Erfahrungen des Lebensalters wie durch ein Brennglas wahrnehmen. Die meisten der Frauen, die ich dort wiedertraf, habe ich in meinem Leben genau dreimal gesehen: 2013 auf der Denkumenta 1, 2019 auf der Denkumenta 2 und in der letzten Woche auf der Denkumenta 3. . Wir sind also alle ein Lebensjahrzehnt weitergegangen, haben Lebenslinien überschritten und sind deutlich älter geworden. Einige waren altersbedingt bereits nicht mehr auf der Denkumenta 3 vertreten.
Einige jüngere Frauen sind hinzugekommen, was erfreulich ist. Sie setzen neue Akzente. Ob das Format der Denkumenta jedoch zu ihrer Generation passt, wird sich erst noch zeigen. Und falls sie stattfindet, bleibt fraglich, wer daran teilnehmen kann.
Ich bin jedenfalls gleichzeitig beseelt und erschöpft von diesen Tagen. Die Gedanken und Gefühle tragen mich und fordern mich gleichzeitig heraus.
Ich bin tatsächlich in St. Arbogast bei der Denkumenta 3 angekommen und mit der Ankunft sofort in eine wunderbar vertraute Welt gelangt. Jetzt bin ich froh, dass ich gefahren bin. Nichtsdestotrotz fühle ich mich sehr angestrengt, sehr zerbrechlich, sehr verwundbar. Alles läuft mit einem „sehr“ daher. Zu welchem Programmpunkt ich heute gehe, weiß ich noch nicht.
Nur einer ist sicher: Das abendliche Lagerfeuer.