Wieder zurück von der Dienstreise und sofort platt auf mein Sofa gefallen. Müde. Endlos müde. Aber hilft ja nichts, die Arbeitswoche ist noch lange nicht am Ende angelangt. Augen zu und durch. Nächste Woche gibt es wieder ein Behandlungslichtblick. Oder einen Strohhalm an den ich mich anhänge. Soll niemand sagen, dass ich nicht auch ab und zu eine Optimistin sein kann.
Es war kalt heute morgen und dazu der Rucksack noch so schwer und ungeschickt gepackt, dass ich unterwegs auf die U-Bahn aufgesprungen bin. Morgen streiken U-Bahnen und Straßenbahnen, wir hoffen alle auf einen guten Tarif und mit diesem Gedanken im Kopf läuft es sich leichter.
Morgen verreise ich und kann mich nicht für ein passendes Gepäckstück entscheiden. Mir fehlt mein kleiner roter Lieblingskoffer, dem ich ein Nachleben in der Karibik gegönnt habe.
Bewusst. Ganz bewusst hab ich ihn verabschiedet. Die ursprüngliche Idee, ihn im Main zu versenken, wenn meine Zeit der fremdbestimmten Arbeit vorbei ist, habe ich aus Umweltschutzgründen verworfen. Obwohl mir der Gedanke schon gut gefiel, die Jahrzehnte der Arbeit mit einem Ritual aus einem drittklassigem Krimi zu beenden.
Virtuell natürlich nur. Oder im Traum.
Jedenfalls war irgendwann klar, dass der rote Koffer nicht zur Obsession werden durfte. Also musste er verschwinden. Mit wertvollem Inhalt zu wohltätige Zwecken.
Und schon war ich ganz aus Versehen, im nächsten viertklassigem Mysteriethriller gelangt. Von dort aus ging es weiter zur tragischen Liebesgeschichte, die von der Unmöglichkeit handelt, den kleinen, roten Koffer zu vergessen.
Das Wochenende heiß ersehnt. Erschöpft auf die Ziellinie zu gekrabbelt. Jetzt noch ein paar tiefe Seufzer ausstoßen und den Rest der Arbeitswoche zusammenkehren.
Strahlend bblauer Rosenmontag. Ruhiger Bürotag mit langen Gesprächen, Vernichtungsaktionen und ein paar Scherben, die ich nicht kitten kann.
Bildbeschreibung: Fünf junge Frauen in kurzen Tüllröcken gekleidet, mit weißen Strümpfen und roten Oberteilen laufen in einer Reihe vor mir den Bahnsteig entlang. Am Gleis steht ein roter Nahverkehrszug. Am Ende der Bahnhofshalle noch morgentliche Dunkelheit.
Bildbeschreibung: Bild aus der Ausstellung Rosemarie Trickel – das Aquarell einer Blume mit dem gepinselten Text „I Die For You“
Für mich war diese Ausstellung ein Glücksgriff. Es ist eine Freude, die vielen unterschiedlichen Werke wahrzunehmen. Und was für ein Humor, da ab und an verborgen ist!
Ich gehe bestimmt noch einmal hin. Hab ja jetzt endlich wieder eine Museumsufercard.
Das ist eine Ausstellung, die nicht nur über das Auge anspricht. Heute Nacht träumte ich intensiv davon. Mein ganzes Leben finde ich da wieder.
So viel Vergangenheit, so kostbar-begrenzte Zukunft.
Ich entwickle mich zur perfekten Klischee-Senorin und schwelge in Erinnerungen jeglicher Art. Was für ein Geschenk ist es, diese Erinnerungen zu teilen!
Nicht nur die Geschichten weitererzählen, sondern sie mit den Menschen zu teilen, die gemeinsam mit mir verschiedene Lebenszeiten durchschritten. Wie wertvoll das ist!
Vergangenheit. Gegenwart. Zukunft. Nie war ich mir bewusster, dass sie fließend ineinander überwechseln.