Wichtige Lebensentscheidung getroffen und nach und nach realisiere ich, dass ich bald nach einem Abzählreim leben kann. Hab alles auf die Goldwaage gelegt und festgestellt, dass sich meine Lebenszeit nicht auswiegen lässt. Nun zähle ich Erbsen, springe über Stöckchen und mache mir auf alles meinen eigenen Reim.
„Ich tue das, was ich in diesen Momenten meistens mache, ich denke an Mutter und versuche, mich in sie hineinzuversetzen. Ich sollte das nicht tun, denn dann spüre ich jedes Mal ihren Hass und ihren Wunsch, mich zu vernichten.“
Schmerzhaft zu lesendes Buch von Anne Rabe. Legt vergiftete familiäre Beziehungen frei.
Nach vier Tagen Eltern-Care-Support morgen nahtlos in die Fünf-Tage-Bullshit-Maschinerie. Sie nennen es Work-Life-Balance oder Familienfreundlichkeit.
Stundenlang sitze oder liege ich reglos, um die Verwandlung herbeizuführen. Zwei Sphären ohne Berührungspunkte, die beide nicht zu meinem natürlichen Habitat gehören. Diese Welt ist nicht gemacht für die Stillen. Der Wechsel von einer zur anderen Sphäre kraftraubend. Zwei schwarze Löcher und dazwischen mein Leben.
Soll niemand behaupten, dass ich keine Seufzerqueen bin.
Ich habe Malina von Ingeborg Bachmann nach ca. einem Viertel der Seiten aufgegeben. Es ist zu quälend und das wirklich nicht auf die poetische Art. Vielleicht ein anderes Mal, liebe Inge.
Dafür habe ich dann bis in die Nacht das Hörbuch von Leïla Slimani zu Ende gehört. Hab manche Stellen mehrfach gehört und mir das Textbuch heruntergeladen, damit ich ein paar Zitate daraus notieren kann. So eine Freude, wenn ich ein poetisches Buch entdecke und dann merke, dass es noch Nachschub gibt! Bei allem Elend in dieser Zeit ist die Bücherfülle das reinste Paradies. Egal wohin ich gehe und fahre immer sind Bücher im Überfluss da. Wenn mir das jemand in meiner Kindheit gesagt hätte, ich hätte es nicht fassen können vor Glück.
Außerdem hörte ich heute noch Patti Smith bei ihrem Rimbaud month zu. Sie erzählt wunderbar langsam und bedächtig. Es ist so berührend, wie sie immer weiter erzählt und erzählt und sich entschuldigt, dass das Video immer länger und länger wird. Sie trennt sich nur ungern von ihrem Thema, dabei hat sie doch einen ganzen Monat vor sich.
Höre fasziniert Leïla Slimani „Der Duft der Blumen bei Nacht“.
Die französisch-marokkanische Schriftstellerin verbringt eine Nacht im Museo Punta Della Dogana in Venedig. Sie erzählt von ihrem Leben und von ihren Erinnerungen. Ich bin wie verzaubert. Sehe gerade, dass es noch andere gute Übersetzungen von ihren Büchern gibt.
Verabschiede mich sofort von hier, muss ihr weiter lauschen.
Letztes Jahr um diese Zeit war ich in Kuba. Dieses Jahr platzen die Reisepläne und neue mag ich gerade nicht schmieden. Alles so fragil hier. Und ich bin weiterhin müde.
Ich ignoriere so viel von der politischen, gesellschaftlichen und sozialen Welt wie es nur möglich ist. Seit der Beginn der Pandemie schrillt mir vieles zu laut und zu schräg in den Ohren. Und im Kopf. Im Gemüt. Meine Energie reicht gerade so um meinen Alltag zu gestalten. Arbeiten um den Lebensunterhalt zu verdienen und mich zu sorgen.
In die Sammelmappe schreibe ich weniger, weil mein Leben zusammenschnurrt. Es fehlt der Glamer und der Atem. Es fehlen die Außensicht und die Impluse.
Alles ist genau auf mich abgestimmt. Auf das, was ich gerade leisten kann. Auf das, was ich geben will. Präzisionsarbeit. Ein Gleichgewicht wie auf der Rasierklinge. Ich bin gut darin.
Newsletter haben sich seit einiger Zeit etabliert und bei mir werden es immer mehr. Ich lese sie recht gerne, allerdings komme ich im Moment kaum noch hinterher.
Den ersten Newsletter, den ich abonierte war der von Franziska Blum. Ein Newsletter zum Thema Newsletter sozusagen. Nicht dass ich vorhätte einen Newsletter rauszugeben. Aber bei ihr erfahre ich Dinge, die etwas außerhalb meiner Kuschelblase liegen.
Dann begann Antje Schrupp Newsletter zu schreiben oder vielleicht auch wieder zu schreiben, jedenfalls bin ich froh, dass ich dadurch immer erfahre, was sie so umtreibt.
Von den Riffreportern erhalte ich aus verschiedenen Quellen Post. Schwer zu empfehlen.
Wie ich an den Newsletter von Patti Smith gekommen bin, weiß ich nicht so recht. Ich bin mir nicht bewusst, ihn bestellt zu haben. Ihre Postingfrequenz ist heftig. Ab und zu schaue ich rein.
Jede Menge Newsletter aus dem literarischen Spektrum sprengen im Moment mein Postfach und ich bin noch sehr unentschlossen, welche ich unterstützen kann. Es reicht einfach nicht für alle.
Kultur & Kontroverse von Johannes Franzen – kulturelle Konflikte der Gegenwart. Die spannendsten Konflikte finden heute im medienübergreifenden, oft digitalen Getümmel statt.
Den von Daniel Schreiber hatte ich noch abonniert, aber der hat gerade aufgehört. Neu dazugekommen ist Sibylle Berg regelt das.