Das beste an diesem letzten Sommer im Dienst ist der Rollenwechsel. Die abschiednehmende Rolle erlaubt mir Tag für Tag mehr, aus den Regeln auszusteigen. Die Regeln der anderen und die Regeln, die ich mir selbst aufgelegt hatte, um meine Arbeit gut zu machen.
Ich brauche sie von Tag zu Tag weniger und erfreue mich an meiner wachsenden Ungebundenheit.
Es ist nicht so, dass ich offene Rechnungen begleichen will. Diese offenen Rechnungen gibt es zwar, aber meine Rache findet dann doch eher im fiktionalen Bereich statt.
Es ist eher so, dass ich meinen Ärger über die kleinen Unfähigkeiten im Arbeitsalltag nicht mehr verstecke. Egal ob sie von ganz oben oder ganz unten kommt. Mir ist schon klar, dass viele dieser Anlässe systemisch bedingt sind, aber meistens sitzen dann da doch Menschen, die entweder den systemischen Scheiß auf die Spitze treiben oder die versuchen daraus nicht das Schlimmst mögliche rauszuholen.
Es fühlt sich gut an, wieder freier reagieren zu können.
Sommerfest im Innenhof. Das Letzte seiner Art. Ich nehme Abschied über Wochen und Monate. Die einen ziehen um, die anderen bleiben vorübergehend, wieder andere schlagen eine andere Richtung ein. In alle Winde werden sie ziehen. Nur ich: Ich gehe zum Jahresende nach Hause.
Nie in meinem Leben gab es eine Zeit in der ich mir mein RentnerinnenLeben ausmalte. Höchstens die vage Vorstellung, dass die Arbeitslast von mir abfällt. Richtige Wünsche, Fantasien dazu gab es bei mir nie. Jetzt ist alles so nah und immer noch bleibt viel im Dunkeln. Eine grüne Dame im Krankenhaus möchte ich gerne sein.
Es ist so ein Privileg darüber nachdenken zu können, sich ehrenamtlich zu engagieren. Leisetreten.
Mein letzter Bürosommer. Ich erlebe die Tage sehr bewusst. Nehme Schritt für Schritt Abschied und entflechte mein Arbeits-Ich. Ziehe vorsichtig an verwebten Fäden, zupfe sie sorgfältig frei.
Mit jedem Atemzug fühle ich mich meiner Seele näher.
Das sind die guten Tage. Das sind die, die in Erinnerung bleiben.
So nach und nach lassen sich einzelne Effekte wissenschaftlich beschreiben, die unser menschliches Selbstbild ins Wanken bringen. Wir sind halt wirklich nicht immer so vernünftig wie wir gerne wären.
Schöner kann ein Titel kaum sein. Bin jetzt bei der Hälfte des Buches von Emily St. John Mandel angekommen und vollständig in ihrem Bann. Da wird Bezug genommen auf Station Eleven, auf das Glashotel und irgendwie auch auf ihr AutorinnenLeben. Sie spinnt und verwebt die Geschichte sehr gekonnt.
Ich bin fasziniert und muss jetzt unbedingt weiterlesen.
Roter Luftballon am Wegesrand. Der Luftballon lag dort ganz real im Gras. Trotzdem sieht das Foto fast ein bisschen aus, als hätte eine KI mitgewirkt.
Es sind schöne Tage. Vielleicht ein bisschen viel Wetter. Das Grün drängt sich immer noch in den Vordergrund. Der Mai lässt seine Grünen Zaubermuskeln spielen.
Über den Bornheimer Hang schnallen rythmisch die Sportgesänge.
Mein neuer Zaubertrank heißt Düsseldorfer Lösung. Bin noch nicht ganz sicher, was ich von seinem Auftreten halten soll.
Bildbeschreibung: Braune Flasche mit Flüssigkeit und rotem Schraubverschluss steht auf einer Holzunterlage
Sieht aus wie Hustensaft, ist aber ein anderes Kaliber. Naja, es gab Zeiten da würde dem Hustensaft Heroin beigemischt. So schlimm ist der Zaubertrank dann doch nicht. Ist nicht mal ein Trank, aber ich hoffe Magie und Zauber verbirgt sich trotzdem in der Flasche.