Mein Feind
Im Krimi heißt es immer: Er hatte keine Feinde. Trotzdem ist der „Er“ schon tot. Also hatte er doch einen Feind. Einen der ihn aus dem Weg schaffen wollte. Bei Frauen ist das irgendwie anders. Die haben keine Feinde. Die werden entweder von ihren Freunden, von ihren Ehemännern oder von ihren Ex-Lovern umgebracht. Das scheinen per Definition keine Feinde zu sein. Aber zum Ausgleich sind Frauen nicht vor Feindinnen gefeit, die zicken immer gegenseitig. Sind sich gegenseitig gleichwertige Feindinnen.
In meinem Leben ist das anders. Da tritt immer mal wieder eine Feindin oder ein Feind auf. Bisher immer ohne Mordgelüste – so hoffe ich, vielleicht war die Mordlust aber auch nur durch die sozialen Barrieren gezähmt. Meine letzte Freudlektüre kratzte stark am Lack meines beharrlichen Glaubens an das Gute im Menschen, seither will mein Unterbewusstsein nicht in jeder Situation die Ungefährlichkeit der gepflegten Feindschaft einsehen.
Meine Erfahrung ist, dass das Leben der Abhängig-Beschäftigten immer Feindschaft mit sich bringt. Mal mehr, mehr weniger. Aber latent doch immer. Zu stark ist der emotionale Druck der durch diese Form der Beschäftigung ausgeübt wird. Da trifft Ehrgeiz auf, Ehrgeiz, Arroganz auf mangelndes Selbstbewusstsein, da trifft die Gier nach finanzieller Bereicherung auf die Notwendigkeit den Lebensalltag zu bewältigen, da treffen Menschen Tag für Tag aufeinander, die sich gegenseitig wie Zündhölzer anstecken. Da gibt es Reibung, Hast und Unaufmerksamkeit. Da gibt es alles, womit sich Menschen gegenseitig die Hölle bereiten können.
so ein zufall, ich hab heute morgen auch einen freud aus dem regal gezogen. unbehaglich fürwahr.
Einen Freund, aber doch keinen Feind? So hoffe ich.