Lyrische Novelle
Lyrische Novelle
Annemarie Schwarzenbach
Annemarie Schwarzenbach geb. 1908 stammte aus einer der reichsten Schweizer Familien.
Sie war eng mit Erika und Klaus Mann befreundet, drogenabhängig, psychisch instabil und starb früh. Außerdem schrieb sie und war lesbisch. Sehr androgyn. (So weit das mir bisher bekannte Klischee.)
Ich war schon länger neugierig, was das für eine Frau war, die immer wieder als Randfigur bei den Manns auftaucht.
Einige wenige ihrer Texte gibt es kostenlos bei den Kindle-Klassikern. Die Lyrische Novelle zum Beispiel.
Die Lyrische Novelle handelt von einer unglücklichen Liebesgeschichte. Als Leserin irre ich lange durch den Text, ehe das männliche Geschlecht des Erzählers benannt wird. Und ganz stimmig fühlt es sich auch dann nicht an. Der Erzähler – der eigentlich eine diplomatische Laufbahn einschlagen soll – ist auf der Flucht vor seiner leidenschaftlichen Liebe zu einer Varieté-Sängerin. Er schreibt seine Geschichte auf, um sich selbst zu vergewissern. Komplett aus der Bahn geworfen, sucht er Ruhe in einer kleinen Stadt und erinnert sich an die vergangenen Monate.
Äußerlich ist die Geschichte unspektakulär, aber auch ohne Kenntnisse des biografischen Hintergrunds, entspinnt sich eine seltsame Atmosphäre in der Erzählung. Getragen vor allem durch die Beziehungen des Erzählers zu den andren Figuren.
Die Verzweiflung und das Leid – vielleicht auch die Einsamkeit – durchziehen die Novelle so sehr, dass sie immer scharf auf der Kante zum Kitsch und ins Klischee entlang hangelt. Aus meiner Sicht wird sie durch die diffuse Geschlechtszuordnung und die dadurch entstehende Hintergrundspannung gerettet.
Linktipp: Vom Helden, der ein Mädchen ist
Das mit der Kante zum Klischee kann für manchen schnell zuviel sein, denke ich mal.