Leben

„Was selbst leuchtet, braucht keine Beleuchtung.“ Das Zitat stammt aus einer Kafka-Biografie und es gibt mir zu denken. Auf den ersten Blick ist alles klar, auf den zweiten verschleiert sich die Bedeutung wieder. Wer braucht die Beleuchtung und warum? Brauche ich die Beleuchtung um zu sehen oder brauche ich sie um gesehen zu werden. Ein erheblicher Unterschied, der mir erst auffällt, wenn ich mir das Zitat aus der Nähe betrachte.
Mit dem Leben mag es ähnlich sein. Auch da kommt es darauf an, aus welcher Perspektive ich es betrachte. In den letzten Jahren ist mir nicht mehr selbstverständlich, dass jedes Leben immer lebbar ist. Und damit sind nicht nur die ausweglosen Situationen gemeint, in denen sich manche schwerkranke Menschen befinden.
Das Leben ändert seine Teife, seine Dichte, seine Schwere ständig. Was gestern noch toleriert war, ist heute tabuisiert. Was ich im vorigen Jahr nur als leises Brummen in der Ferne wahrnahm, entwickelt sich morgen zum ohrenbetäubenden und nervtötendem Lebenslärm. Was eben noch unter dem Schimmer der Hoffnung lag, verschwindet bald im schwarzen Loch das sich Verzweiflung nennt.

Niemand kann das Leben kennen. Das Leben kennt sich nicht einmal selbst.

Comments (2)

KarinDezember 8th, 2012 at 07:06

In der Liebe kommen mir manchmal ähnliche Fragen in den Sinn. Dann suche ich mir einen Gedankentrost mit Hoffnungsschimmerglanz, damit nicht alles vergeblich ist.

claudiaDezember 8th, 2012 at 16:45

Schön, wenn er zu finden ist.

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