Journal07082020

Es ist wieder ein Drosten-Artikel rausgekommen und die Fangirls jubilieren. Ich verstehe, warum er eine Identifikationsfigur ist und Halt gibt, aber inhaltlich vertritt er nicht immer die besten Strategien.

Ehrlich gesagt: Ich finde sowohl diesen Artikel zum Teilen problematisch, als auch einige seiner früheren.
Mir ist schon klar, dass das mittlerweile durch seine Rolle in der Öffentlichkeit kaum mehr anders sein kann. Aber die Situation wird dadurch nicht besser.

Seine Kritik an den Strategien der Gesundheitsämter und des RKI ist fundamental. Dann formuliert er einen Vorschlag für einen Krisenmodus und schreibt: „Hierüber muss Einigkeit bestehen.“

Ja, genau. Die drei wichtigsten Expertenkategorien Gesundheitsämter, RKI und er interpretieren und handeln nach unterschiedlichen Strategien, er erläutert das umfangreich und kommt dann zum Schluss, dass über seinen Vorschlag Einigkeit bestehen muss.

Das ist richtig, weil sein Vorschlag sonst für die Tonne ist.
Das ist absurd, weil im Moment gerade das Problem besteht, dass mit Werkzeugen unterschiedlicher Strategien gearbeitet wird, jede Strategie für sich aber nur Sinn macht, wenn sie insgesamt und konsequent durchgezogen wird. Wenn also Einigkeit besteht. Was aber offensichtlich nicht der Fall ist.

Wir sitzen ganz schön fest in der Bredouille.

Die Menschen sind im Großen und Ganzen nicht unvernünftig. Es ist die Politik, die ihre Steuerungsrolle in dieser Situation nicht übernimmt. Es liegt in ihrer Verantwortung, sich für eine Strategie zu entscheiden und diese konsequent durchzuziehen.
So viele unterschiedliche gibt es da ja nicht.

Davon abgesehen ist mein Favorit die Strategie, das Virus zu eliminieren. Drosten ging von Anfang an – also als die Zahlen noch einstellig waren – immer nur einer Strategie der Eingrenzung nach. Jetzt noch deutlicher, das gefällt mir nicht.


Trotzdem wäre ich beruhigt, wenn wenigstens diese Strategie flächendeckend und konequent umgesetzt würde.

Comments (9)

englAugust 7th, 2020 at 16:38

wirklich realistisch ist es allerdings nicht, das virus komplett eliminieren zu wollen. zumindest ohne impfstoff, und auch das dürfte einige jahre, wenn nicht jahrzehnte dauern.

diese utopie bietet also – akut – wenig bis überhaupt keinen raum für auch nur irgendeine strategie. (das sage ich unter der prämisse, dass sich da dann ja zuallererst einmal alle, überall, wirklich ohne jegliche ausnahme, einige sein müssten. weltweit.)

der drosten ist halt pragmatisch, das ist so falsch nicht. im übrigen hat er ziemlich genau das, was in dem zeitartikel steht, schon vor wochen verpodcasted. deshalb wohl die leichte schieflage in punkto japan.

hart kommt natürlich die aussage, dass sich in der derzeitigen lage letzendlich nicht jede infektion verhindern lassen wird. mit nichts, so wie ich das verstehe. (das natürlich auch weltweit betrachtet, da komme ich mir im osten deutschlands gerade recht priviligiert vor.)

hilft also nix! alles nix!

claudiaAugust 7th, 2020 at 17:02

Es war im Februar eine sehr realistische Option und dann im Mai noch einmal. Wenn die asiatischen Länder damals nicht konsequent das SARS Virus eliminiert hätten, dann wären wir wohl auch damals gescheitert.

Es ist Teil des hiesigen Diskurs, dass so viele Menschen der Ansicht sind, dass diese Strategie nicht genauso erfolgreich bzw. pragmatisch sein könnte.

An dem aktuellen Artikel gefallen mir mehrere Punkte nicht, voralllem weil seine Ansichten dann so als Schlagworte und unumstößliche Fakten kursieren.
Das sind seine Ansagen zur Impfung und wie zeitnah diese zur Verfügung stehen würde.
Das sind seine Aussagen zu den Tests, das vermasselt nämlich den Gesundheitsämtern und dem RKI die Strategie. Wäre aber eben nur sinnvoll, wenn nur die andere Strategie gefahren wird.
Das ist die Art und Weise wie er Kritik an den Gesundheitsämtern und dem RKI übt, ohne zu erwähnen, dass das nur durch machtpolitische Entscheidungen geklärt werden könnte.

Und zum Schluss eben noch das Fazit, das du ansprichst, das sich so lapidar in „Das Leben ist halt gefährlich“ übersetzen ließe.

Das alles wäre auch gar nicht so schlimm, sondern nur eine wichtige Meinung und Hintergrundinformation von vielen Expertenmeinungen, wenn die Teile seiner Artikel und Interviews nicht so als Faktenhäppchen durch die Gesellschaft verbreiten würden.

Denn hier ein Häppchen und dort ein Häppchen ist sehr gefährlich.

Es geht bergauf.
Mit den Infektionen.

claudiaAugust 7th, 2020 at 17:04

Und ja. Privilegiert sind wir.
Das weiß ich zu schätzen.

englAugust 7th, 2020 at 17:43

die chance im februar ist wohl eher im nachhinein eine sehr realistische. da damals (wenn ich mich recht erinnere) auch die who noch abgewunken hat, war sie wohl eher unsichtbar. eine weitere chance für mai sehe ich nicht, außer eventuell für deutschland. und was dann? das land einschweißen? deutschland ist keine insel und die meisten menschen keine einsiedler.

zu drosten: ich denke, was drosten macht und sagt, hat wenig damit zu tun, was aus drosten gemacht wird. zum glück ist er meist recht klar, dass auch seine verklärung keine großen katastrophen auslöst.

das fazit: das leben ist gefährlich teile ich nicht und meine ich nicht. die krux ist eine situation, in der kaum jemand eine schuld gegeben werden kann und niemand wirklich wissen kann, was am besten zu tun ist. deshalb eben: es hilft nix, der weg muss gegangen, der fluss überquert, der berg überwunden werden. so ist es zwar immer, aber selten ist so deutlich spürbar.

claudiaAugust 7th, 2020 at 17:59

Es gibt durchaus auch Strategien für Länder, die das Virus eliminieren wollen. Mit strengen Quarantäne Regeln. Ich sagte ja schon, dass ich genau diesen Punkt, dass hier andere Strategien nicht mehr als gleichwertig gesehen werden,
als problematisch und Folge der Diskuslosigkeit sehe.

Das wird wie ein Fakt transportiert. Dabei ist es doch eher so, dass es zwar keine optimale, aber durchaus funktionierende Wege gibt. Allerdings gilt nicht der Umkehrschluss, dass es sowieso keine gute Lösung gibt und deshalb machen wir jetzt mal dies und dann mal das.

Das führt uns genau dahin wo wir jetzt stehen: zu den steigenden Zahlen.
Und wir wissen nun ja auch, wo wir in 14 Tagen wieder stehen werden.

englAugust 7th, 2020 at 18:12

niemand weiß irgendetwas, das ist 2020. du selbst hast hier nahezu kontinuierlich seit ungefähr ostern von steigenden zahlen geschrieben, oft auch als sie noch sanken. niemand wusste, warum sie das taten. jetzt hast du recht, sie steigen, die zahlen. und niemand weiß, warum. werden wirklich mehr menschen krank? liegt das am reisegeschehen? oder wird mehr oder anders getestet? ist tatsächlich irgendwo etwas falsch entschieden worden? auf welcher grundlage? die fakten sind fragil und interpretierbar.

ich sehe nicht, dass es besser sein könnte. anders natürlich, aber ob das besser wäre. (ich sehe die bilder der fleischarbeiter, die mit sinnlosen bescheiden, die sie auf deutsch nicht lesen konnten, in die quarantäne gezwungen wurden. und in die angst, infiziert zu sein.)

die zahlen sind nicht das geschehen. das geschehen ist nicht sichtbar.

claudiaAugust 7th, 2020 at 20:26

Die Zahlen sind nicht das Geschehen, sie beschreiben die Entwicklung des Geschehens. Sogar recht genau.

Besser könnte es laufen, wenn kompetent politische Verantwortung übernommen würde. Entscheidungen zu treffen, sie zu kommunizieren und sie durchzusetzen wäre so wichtig gewesen. Jetzt schlingern wir halt so dahin. Und das werden wir noch sehr lange tun.

Es ist so schade, weil wir – nach einem miserabelem Start – so nahe daran waren es gut hinzubekommen.

Aber ich höre jetzt auch schon auf darüber zu diskutieren.
Es ist sinnlos.

Alle Weichen sind gestellt.
Der Zug hat Fahrt aufgenommen.

englAugust 7th, 2020 at 21:02

ich will dir deinen glauben nicht nehmen. sorry.

ClaudiaBerlinAugust 10th, 2020 at 09:40

Strengere und anhaltendere Quarantäne macht die Bevölkerung nicht mit, ob uns das gefällt oder nicht. Und ein Stop&Go ist für die Wirtschaft der Megahammer, wie man gut in Teilen der USA sehen kann (die jedoch von vorne herein falsch agiert haben!).

Dass es keine Gesamtstrategie gibt, liegt eben auch am Förderalismus. Über Schulen haben z.B. die Länder das Sagen, nicht der Bund.

Die Erfolge von China basieren auf einer krassen Diktatur – hierzulande unvorstellbar! Und selbst in China gibt es noch 227 Neuinfektionen in 7 Tagen. Wenig, aber wie sicher sind diese Zahlen? Ganz eliminiert ist das Virus also nicht mal dort!

Dass es weiterhin Infektionen geben wird – also auch solche mit schweren Verläufen und Todesfällen – empfinde ich jetzt nicht als absolut absurde Vorhersage. Eben weil das Virus nicht komplett verschwinden wird, auch nicht so schnell, wenn eine Impfung da ist. Denn es wird lange dauern, bis die große Mehrheit „durchgeimpft“ ist!

Ich war noch nie gegen Impfung und finde es toll, dass so viele Varianten in der Pipeline sind. Aber Fakt ist auch, dass ich sicher nicht zu den Ersten gehöre, die sich impfen lassen werden. Bei der kurzen Erbrobungszeit kann ja sonstwas an Nebenwirkungen auftregen.
Nun bin ich in der privilegierten Situation, praktisch nicht unter Leute gehen zu müssen, also sicher nicht repräsentativ.

Leave a comment

Your comment

Kommentarlinks könnten nofollow frei sein.