Jahresrückblick

Ich traue mich kaum die Tasten zuberühren. Mach die Mächte nicht aufmerksam auf dein Glück, lautet ein heimliches Motto von mir. Sie könnten eifersüchtig werden. Glück geniese ich am liebsten still und innig. Sehr egoistisch, ich weiß.

2013 ist ein Jahr, das mich glücklich macht. Anders als 1980. Das Jahr, das ich als das glücklichste meines Lebens betrachte. Damals war es die Welt, die mich glücklich machte. Die Freiheit, die auf die endlose Zeit der Kindheitsabhängigkeit folgte. Bevor ich wieder eingefangen wurde. Wovon? Das ist eine andere Geschichte.
2013 ist das Jahr, in dem ich so bewußt lebe, wie nie zuvor. Mit einer Intensität mir meiner Selbst bewusst, die mich durch und durch bewegt. Eine Intensität, die nicht anhalten kann – jedenfalls nicht ewig – die so kostbar ist, dass ich sie als Erinnerung in mein Herz schließen möchte. Für spätere Tage. Für kommende Augenblicke.
2013 ist ein ganz besonderes Jahr. Obwohl es so unspektakulär daher kommt. Außer dem Umzug keine herausragenden Ereignisse. Keine emotionalen Höhepunkte – und zum Glück auch keine Schicksalsschläge. Trotzdem ein Anker in meinem Leben.
Ein paar Entscheidungen habe ich getroffen. Einige, die ich nicht umsetzte, einige andere, die überraschend, spontan kamen und so gar nicht mit der Linie übereinstimmten, die ich mir verordnet hatte. Mein Verstand ist etwas eigensinnig, aber er kann sich nicht immer durchsetzen. Manchmal ein Segen, manchmal ein Fluch in meinem Leben. Wohin mich dieses Mal seine Niederlage führt, wird mir dass Jahr 2014 zeigen. Nicht immer führt das Herz und das Gefühl in die richtige Richtung. Jedenfalls bei mir. Beruflich war es wirklich an der Zeit, dass ich den Abschied aus der IT akzeptiert habe. Aber mein Herz hat mir den Ausstieg nicht leicht gemacht. Dass ich jetzt so stimmig mit mir leben kann, hängt aber auch sehr mit diesem Ausstieg zusammen. Dann begebe ich mich halt in die Rolle der Personalrätin, als die mich alle sehen und akzeptieren. Ich weiß, dass es eine Rolle ist. Nicht mein Leben.
Seltsam, wenn das Bild, das andere von einem haben, so hartnäckig ist. Ich bin offensichtlich ein Mensch, in den andere gerne ihre Projektionen manifestieren. Das ist mir seit meines Lebens so ergangen. Menschen sehen etwas in mir und das so fest und unerschütterlich, dass es zum Konflikt kommt, wenn ich diesem Bild nicht entspreche. Selbst tolerante Menschen entwerfen ein sehr, sehr enges Bild von mir und sind überraschend sauer, wenn ich schon in Nuancen davon abweiche. Es ist immer das gleiche Muster und endet immer ähnlich. Mit viel Aggresivität und Enttäuschung. Nicht meinerseits. Ich habe gelernt, mich davon nicht irritieren so lassen. Das war nicht einfach, denn selbstverständlich nahm ich lange eine Reaktion auf meine Person persönlich. Jetzt kann ich das trennen, es irritiert mich nicht mehr so sehr. In diesem Fall kann ich gerne die Rolle der Personalrätin annehmen. Aber ich weiß, dass sie nur ein Ausschnitt aus meinem Leben ist und dass es wieder viele Enttäuschungen gibt, wenn die Zeit gekommen ist, diese Rolle abzulegen.

2013 ist auch ein besonderes Jahr, weil zum ersten Mal ein Neubeginn einhergeht mit dem Wissen um die Vergänglichkeit. Wissen ist nicht das richtige Wort, denn eins weiß ja immer um die Vergänglichkeit. Sie erleben trifft es mehr. Sie wahrzunehmen beim zaghaften Versuch einer Jahresplanung für das neue Jahr. Ich kann mich nicht mehr so verhalten als wäre mein Leben ausgenommen von der Vergänglichkeit. Im Gegenteil: sie ist mir sehr präsent. Vielleicht ist das, das wichtige Detail, das mich dieses Jahr so intensiv erleben lässt. Diese Präsenz der Vergänglichkeit.

Comments (4)

SammelmappeDezember 26th, 2013 at 11:20

Was diesem Jahresrückblick eindeutig fehlt: die Erwähnung so vieler Menschen, die dieses Jahr so wichtig für mich waren. Auch in dieser Hinsicht gilt der Anfang des Eintrags. Ich traue mich kaum die Tasten zu berühren. Es waren einige und die Begegnungen mit ihnen waren besonders intensiv. Das gilt sowohl für die schon so lange befreundeten, lange bekannten als auch für die neu hinzugekommen.

Ich wünsche mir sehr, dass ich vielleicht irgendwann einmal eine Möglichkeit finde, ihnen diese Wichtigkeit zu spiegeln. Das ist eindeutig noch die Schwachstelle im zurückgezogenen, glücklichen Schneckenlebendasein.

Danke, dass es euch gibt!

IrisDezember 26th, 2013 at 11:37

Liebe Claudia, wir müssen etwa gleich alt sein, das schließe ich daraus, wie ich mich in der Chronologie und den Gedanken um Erinnerung und Vergänglichkeit in Deinem Text wiederfinde.

Du schreibst: „2013 ist das Jahr, in dem ich so bewußt lebe, wie nie zuvor. Mit einer Intensität mir meiner Selbst bewusst, die mich durch und durch bewegt. Eine Intensität, die nicht anhalten kann – jedenfalls nicht ewig – die so kostbar ist, dass ich sie als Erinnerung in mein Herz schließen möchte. Für spätere Tage. Für kommende Augenblicke.“
Diesen Wunsch kenne ich. Ich glaube aber auch, und hoffe darauf!, dass sich so positiv Erlebtes auch ohne bewusstes Festhalten in uns einprägt, in jeder Zelle unseres Körpers, wahrnehmbar vielleicht ab und zu durch Augenblicke des innerlichen entspannten Zurücklehnens ohne offensichtlichen Grund … Ich vertraue darauf, dass ich positive Erlebnisse nicht festhalten muss, damit sie mich dauerhaft bereichern …

Und auch, was Du im letzten Abschnitt schreibst, nehme ich bei mir selbst wahr: Im Bewusstsein meiner Vergänglichkeit zu leben. Interessanterweise macht es mich gelassener und hält es mich dennoch nicht von Plänen und dem Beschreiten ganz neuer Wege ab, und das ganz ohne Eile. Erstaunlich, befreiend … Mal sehn, was noch kommt. 🙂

Ich wünsche Dir alles Liebe und Gute für 2014!
Herzlich,
Iris

FidiDezember 26th, 2013 at 12:14

W a s f ü r w u n d e r b a r e T e x t e !
…ich möchte mich zu euch gesellen…

SammelmappeDezember 26th, 2013 at 13:26

@Iris: wie ich mich freue zu lesen, dass es dir ähnlich ergeht!
@Fidi: du bist doch schon unsere Gesellin! Neu hinzugekommen in diesem Jahr und eine, die ich nicht vermissen möchte.

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