Heiße Stunden
Ich versuche im Alltag Fuss zu fassen und stolpere unversehens über silberne Schwellen.
Das hätte schief gehen können, spricht die Besserwisserin in mir. Die, die alles immer schon wusste. Hinterher und überhaupt.
Vielleicht ist jetzt die richtige Zeit ein Stop-Schild herauszuholen. Nein, das ist die falsche Metapher.
Vielleicht ist es die richtige Zeit, den Halteknopf zu drücken. An der nächsten Haltestelle will ich aussteigen und auf anderen Wegen weiter gehen.
Es ist nichts Neues, dass ich für die kleinen Entscheidungen viel Aufwand betreibe. Ich lebe mein Leben akribisch, ich habe nur das eine. Das einzige, das ich kenne. Das einzige, das ich verstehe.
In diesen heißen Tagen scheint sich mein Leben etwas aufzulösen. Es wird irreal, fühlt sich seltsam an. Die Luft schwirrt und ich schmelze davon. Mein Leben schwächt sich ab. Wie ein Klang, der lange und ganz leise nachhallt.
Früher waren die heißen Tage Grund für einen Freudentanz. Lang, lang ist es her. Schleichend kamen die Veränderungen. Ich habe alle hingenommen. Staunend, beobachtend, manchmal auch bewegt.
Ein Freund von mir (66) hat neuerdings Probleme, flott Treppen herunterzulaufen. Er muß schauen, wo er hintritt. Irgendwie merkwürdig, wie natürliche Gaben einfach so nachlassen.