Google+
Der Tanz um Google+ verwirrt mich etwas. Gerade habe ich mein Heim in der Diaspora gefunden und mich eingelebt, startet das große, böse Google-Universum seinen Angriff, die Karawane zieht mit und ich bin dabei, bin bei so vielen Netzwerken dabei, dass ich mich darin versponnen habe.
Wo wird das hinführen? Mir ist schwindlig und ich habe nicht die leiseste Ahnung, womit das endet. Ob der Kampf um die Anonymität noch zu gewinnen ist?
Irgendwie haben wir doch alle etwas zu verbergen. Aus Prinzip, weil nur dieses Prinzip die Rechte in der Demokratie stärkt.
Juli 15th, 2011 in
Gedanken, Leben, Netzpolitik, Rund ums Bloggen | tags: Anonymität, Netzwerk, Politik
Der H. empfahl mir als Hörbuch Der Täuscher von Jeffery Deaver, letztendlich ein stinknormaler Thriller. Der Serienmörder allerdings konnte dank eines wirklich guten Datensammlers so ziemlich Jedem so ziemlich alles in die Schuhe schieben, was ihm gerade in den Sinn kam. Tenor: Alle glauben an die Daten, und wenn‹s im Computer steht, ist das auch so. Weil ich nicht so sehr auf Thriller stehe, fand ich die Geschichte doch sehr konstruiert, dennoch habe ich mich während der Hörlektüre dabei ertappt, mich im Geiste immer mal umzudrehen. Verfolgt mich auch keiner? Mich und meine Daten?
Und doch sitzen Du und ich und viele andere in unseren Blogs, teilen uns mit, sitzen hier und da, und geben auch hier und da unseren Senf dazu, weil auch das Demokratie ausmacht. Der Grat ist schmaler als die Hälfte eines gespaltenen Haars – und doch lohnt es sich, auf ihm zu wandeln.
Nur arg aufpassen muss man. Sich selbst disziplinieren. So juckt‹s mich in den Fingern, bei F. ein so richtig schönes Foto meines Sohnes einzustellen, damit meine Freunde aus dem Real Life das auch sehen können. Aber es ist F., nicht das Wohnzimmer. F. verführt allerdings zu vielen Dingen, wie ich erlesen musste. Die Tatsache, dass der User mit Menschen aus seinem Real Life, ja auch gewollt, in kurzen Statements kommuniziert, verführt sehr leicht zu Äußerungen, die in dieser trotz aller Vorsichtsmaßnahmen sehr öffentlichen Umgebung im Real Life so nie gesagt – oder wenn, dann doch sehr schnell untergehen würden.
Ich wollte nie zu F.,. habe dort aber aus privaten Grünen jemanden gesucht, den ich nicht gefunden habe. So ließ ich meinen Account erst einmal stehen. Geplant war, im Real Life noch ein wenig zu recherchieren, hätte ich ihn dann gefunden – oder eben auch nicht -, sollte der Account wieder gelöscht werden. Doch dann kam W., der mich dort gesucht und gefunden hatte, fragte an – und ich war so richtig drin im Netzwerk. Und fühl mich wohl. Weil ich dadurch die Gelegenheit bekomme, mal wieder mit Leuten zu schnacken, die ich im Real Life kaum noch sehe – weil sie (relativ) weit weg wohnen, weil jeder so seine Termine hat, weil Arbeit und Kind nicht viel Raum lassen für spontane Treffen.
Das Bewusstsein muss da sein. Das Bewusstsein, nicht alles auf die Pinnwand zu stellen, nicht alles öffentlich zu machen – aber auch das gesellschaftliche Bewusstsein, dass Datenkraken schlimmer sein können als die Stasi – Big Brother eben. Da müssen wir reinwachsen, wir alle.
Wir alle müssen den Umgang mit den Daten noch lernen. Das ist nicht ganz einfach, es sei denn wir verweigern uns ganz – aber ehrlich gesagt, das ist nur für ganz wenige eine Alternative. Ähnlich wie es nur wenigen Menschen gelingt, in unserer Gesellschaft ohne Elektrizität auszukommen.
Ich habe mich vor ein paar Jahren entschieden mit Klarnamen ins Internet einzusteigen. Mir erschien es immer sicherer, wenn ich mir permanent um die Problematik bewusst bin, als mit einem Pseudonym aufzutreten, das irgendwann auffliegt. Ich beobachte das manchmal bei Twitter oder in Blogs und hoffe für die Betroffenen, dass das nie passiert.
An der Oberfläche manipuliere ich ab und an auch. Blogge automatisiert und zeitversetzt, nie über Menschen und Ereignisse, die in meinem beruflichen Umfeld passieren usw.
Aber eins bleibt doch: mein virtuelles Ich möchte genau wie mein reales Ich wahrgenommen werden. Es trägt seine Empfindungen, Launen und Emotionen mit und die im Netz auszuleben ist mir ein Bedürfnis, das ich mir nicht nehmen lassen möchte.
Deshalb bin ich froh, dass es bei uns doch einige Menschen gibt, die sich mit dem Thema Netzpolitik auseinandersetzen.
vernetzt wie eine spinne oder eine fliege?
In meinem Fall wird es immer die Fliege sein.