Ehrlichkeit

Manche Mensche klagen sie ein, andere jagen ihr hinter her, viele vermissen sie, einige weinen ihr hinterher, als Erziehungsziel steht sie hoch im Kurs und jeder scheint zu wissen, was damit gemeint ist.
Ist doch klar. Ist doch einfach. Ist doch selbstverständlich. Ehrlichkeit ist die Schwester der Wahrheit. Die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. So steht es auf vielen Fahnen, die die Menschen vor sich her und quer durch ihr Leben tragen: Ich bin ehrlich. Ich lebe für die Wahrheit.

Meistens betrachte ich mit Verwunderung diese Fahnen und beobachte, die Verrenkungen der Fahnenträger amüsiert: Sie schaffen es tatsächlich sich zu drehen und zu wenden, bis es passt mit der Ehrlichkeit. Mit ihrer speziellen Form der Ehrlichkeit. Es kostet nicht mal viel Energie, denn meistens sind sie sehr geschickt. Hauptsache es passt. Irgendwie.
Ich misstraue der Ehrlichkeit. Manchmal ist sie nichts anderes als mangelndes Taktgefühl, oder auch ein Rechthaben-Wollen, die Verweigerung des Verständnisses, dass die Welt komplex ist. Vielseitig. Zum Glück.

Aber ich mag, die nicht ganz ehrlichen Menschen. Die, die mich mit Phantasie hinters Licht führen. Die, die mich mit ihren Geschichten aufheitern. Ich mag die Menschen, die die Gabe haben, das Leben mit ihren Stimmungen zu färben, auch auf Kosten der Ehrlichkeit. Gerade auf Kosten der Wahrheit. Denn wer weiß schon, wo sie sich wirklich versteckt.

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