Das große dunkle Netz
In der SPD bleibt die Angst vor dem großen, dunklen Netz, titelt Spreeblick den Artikel über das Treffen der SPD-Netzwerker und zählt die Bedenken und Vorbehalte der NetzwerkerInnen auf. Das Resüme: Sie sähen nur die Bedrohung und nicht die Chancen.
Aber ist das nicht die Sichtweise, die im Moment für alle Lebensbereiche gilt? Ist Bedrohung, Furcht und Angst nicht das große Zeitgeist-Thema, das in der globalen Terror-Angst mündet?
Und reden nicht immer nur die Dummschwätzer von den Chancen, die die sie über den Tisch ziehen veräppeln wollen? Wenn ich Chancen höre, muss ich sofort an den Spruch: Die Chancen, die die Krise bietet denken.
Für mich passt das Bild jedenfalls, das die einen von der Bedrohung reden, die anderen von den Chancen und damit alle an diesem merkwürdigen Zeitgeist-Klima festhalten. Denn was soll hinter diesen Chancen stecken? Gewinne. Macht. Geld. Weiterkommen. Andere überrunden.
Das machen wir doch die ganze Zeit. Wir hängen ganze Kontinente ab. Da wird von dem Recht auf Zugang zum Internet geredet und in der Zwischenzeit verhungert, verdurstet die Hälfte der Menschheit. Nur weil wir uns nicht als ganzes wahrnehmen. Nur weil ständig jemand die Chance haben will, etwas besser zu sein als die Nachbarin oder der Nachbar.
Ich glaube, es ist ein Fehler, die von mir betonten Chancen, die das Internet bietet, als reine Wachstumschance zu begreifen. Ich verweise da gerne auf Yochai Benklers großartiges Werk „The Wealth of Networks“ (gibt auf seiner homepage als kostenlosen Download). Benkler hat in seiner ökonomischen Theorie des Internet-Zeitalters ein ganzes Kapitel dem Thema „Justice and Development“ gewidmet und betont dort ziemlich deutlich, dass das Internet die Chance (im Gegensatz zu einem Technik-Determinismus) für eine gerechtere Verteilung von Gütern bietet. Zwar sei das Netz kein Allheilmittel für die bisher wirtschaftlich benachteiligten Teile der Welt, aber es biete ihnen leichteren Zugang zu Informationen, etwa im Agrar- und Pharmasektor. Aber, ich darf zitieren:
„The opportunities that the network information economy offers, however, often run counter to the central policy drive of both the United States and the European Union in the international trade and intellectual property systems.“
Die genannten Policies sind wohlgemerkt die, gegen die sich die Kritik der „Netzgemeinde“ richtet – vor allem starkes Urheber- und Patentrecht. Darunter haben nicht nur Westler, sondern auch – und zB im Bereich von Pharma-Patenten besonders – die Bevölkerung ärmerer Länder zu leiden.
Die Chancen, die Benkler beschreibt, gründen sich vor allem auf dem Entstehen einer nicht-marktbasierten Produktion (commons-based peer production), deren Sonderstellung eben darauf beruht, dass sie nicht ausschließlich ist, also nicht auf Rivalität beruht.
Für mich ist das Wort Chance zu einem dieser merkwürdigen Schlüsselwörter geworden, die in der Politik und der Wirtschaft dafür stehen, dass etwas verschleiert werden soll. So wie das Wort Frieden im Zusammenhang mit der Bundeswehr das Gegenteil von dem bedeutet, was die Mehrheit der Menschen mit dem Wort bedeutet.
Das was du beschreibst, das wäre die Fähigkeit zur Veränderung der Lebenswelten. Sie bedeutet ein Umdenken, ein kreatives Neudenken von Lebensentwürfen und vom Zusammenleben. Es wäre gut, wenn diese Ideen etwas populärer würden.
Mit oder ohne Internet, bzw. außerhalb und innerhalb des Internets.
Das Internet wird einfach nicht verstanden…
[…] dass das Thema keine allzu großen Wellen geschlagen hat – ich hätte […]…