Aus der nahen Ferne
Rebecca Solnit
Aus der nahen Ferne
„Welche Geschichte ist deine? Alles liegt im Erzählen. Geschichten sind Kompass und Architektur, wir orientieren uns an ihnen, wir bauen unseren Glauben aus ihnen, und ohne Geschichte zu sein hieße, sich in der ungeheuren Weite der Welt zu verlieren, einer Seite, die sich wie die arktische Tundra oder das Eismeer in alle Richtungen auszudehnen scheint.“
Rebecca Solnit erzählt uns die Geschichten ihres Schmerzes und ihres Leidens. Die Demenz ihrer Mutter, ihre eigene Krebserkrankung und ihrer Suche.
Sie beschwört die heilende Wirkung der Menschheitserzählungen, der Märchen und Mythen. Welche Geschichte ist deine? Diese Frage scheint ihr Schlüssel bei der Suche nach den eigenen Lebenszielen zu sein. Sie glaubt fest daran, dass Krisen durch die Entwicklung einer neuen Identität, das Erzählen einer neuen Geschichte gelöst werden können. Unser Leben wird durch seine Bruchstellen reich, wenn wir die dazugehörigen Erzählungen finden.
Empathie entsteht auf der Vorstellungskraft, in das Hineinversetzen in das andere Leben. In seine Geschichte. Durch unsere Geschichten kommen wir uns näher, sie verbinden uns.
Andererseits ist es ein großes Unrecht, Menschen zum Schweigen zu bringen. Sie ihre Geschichten nicht erzählen zu lassen, denn sie werden ihre Identität verlieren. Ihren Halt und ihre Verwurzelung.
Wer bringt Menschen zum Schweigen, lässt sie ihre Geschichte nicht erzählen? Wie und warum, das könnte man auch noch fragen…
So viele Fragen, so viele Geschichten.
Mir ist gerade so, als begreife ich etwas sehr existenzielles.