Angst
Ich stehe im Hauptbahnhof und warte darauf, dass das Glück auf Gleis 17 einfährt. Eine Tradition, die mir gut gefällt. Ich mag dieses Gefühl, diese leichte Spannung, die Erwartung und das Wiedersehen. Ich mag es, wenn die Liebe Einfahrt erhält. Wenn der Zug einfährt und die Menschen auf mich zukommen, weitergehen. Ich mag es Ausschau zu halten, nach dem einen Mensch. Dem wichtigsten Mensch. Ich mag das Erkennen, das Aufeinanderzugehen, das gemeinsame Weitergehen.
Heute stand ich wieder am Hauptbahnhof. Still in der Ecke, lesend. Verspätung war angesagt. Mein Glück verspätet sich. Das macht nichts, das ist nicht wichtig. Es kommt. Ich warte.
Bald fährt der Zug ein.
Der Lautsprecher ist klar und deutlich zu hören: Der Besitzer des schwarzen Rucksacks möge sich bitte sofort wieder zu seinem Gepäckstück begeben.
Mein Herz klopft und dieses Mal ist es keine freudige Erregung. Scheiße, denke ich. So eine Scheiße. Mein Schatz fährt ein. Nein, nicht. Wenn das jetzt kein Fake ist, dann fährt mein Schatz jetzt eben gar nicht ein – und ich, was mache ich. Mein Herz klopft. Der Seiteneingang ist nicht weit. Es wäre sinnvoll gleich nach draußen zu gehen. Sofort. Gar nicht erst abwarten. Einfach gehen.
Der Bahnhof ist im Wochenend-Reisemodus. Voller Menschen. Wer stellt in so einer Situation den Rucksack ab? Merde!
So schnell wie das Adrenalin in die Höhe schoss, legt es sich wieder. Beruhig dich, Claudia. Bleib cool. Dein Glück fährt gleich ein.
So war es auch, die Angst vergessen und verdrängt. Das ging ganz gut.
Bis heute Abend um 18:00 als ich auf Twitter von den Ereignissen in München las.
Ich bin ein Opfer der German Angst. Meine Angst wird wachsen. Jeden Tag.
Jede Stunde.