Natur
Menschen, die Homosexualität für nicht natürlich halten, haben offensichtlich das Wesen der Natur nicht verstanden.
Überhaupt: was soll immer diese Anrufung der Natur, wenn etwas nicht ins Weltbild passt?
Von 8 bis 16 Uhr ins Büro gehen ist auch nicht natürlich und trotzdem allgemein akzeptiert, obwohl es in manchen Fällen zu Verblödung und in vielen Fällen zum Rückenschaden führt.
Die Natur ist etwas Wunderbares und manchmal ist sie unergründlich. Sie kann grausam oder atemberaubend sein, sehr vielfältig und tiefgründig. Wir verstehen sie nicht immer. Aber wir verstehen es durchaus, sie auszubeuten oder auszunutzen. Wir leben in ihr, aber: wir sind nicht nur Natur.
Für Menschen ist Kultur und das Leben in einer sozialen Gruppe fast genauso wichtig, wie die Natur.
Zurück zum Ausgangspunkt: wenn die Natur des Menschens in Spiel gebracht wird, geht es ganz selten wirklich um Natur oder Natürlichkeit.
Im fraglichen Fall kommen noch ein paar mir sehr wohlbekannte Dinge hinzu: Ein flaches Verständnis von Polarität, Geschichtsvergessenheit (ich sag‘ nur: Die alten Griechen!) und eine wahrscheinlich vollkommen verkürzte Rezeption der chinesischen Idee von Yin und Yang.
Ich kann Dir nur zustimmen – das „Natur!!!“-Argument wird immer dann aus der Mottenkiste geholt, wenn es darum geht, reaktionäre Positionen zu rechtfertigen.
tatsächlich, unser alltag wird immer unnatürlicher, das geht sogar den homosexuellen so.
Das hast du in schönen Worten auf den Punkt gebracht, Claudia! Ich hab das nicht-natürlich-Argument noch nie verstanden. Eben weil die Natur so wunderbar und vielfältig ist, und sich so viele Arten Wesen ausgedacht hat, dass mir immer klar war: Die Phantasie der Natur ist sehr viel größer als meine. In ihr ist alles möglich. Sogar Fische, die Licht geben oder Selbstbefruchtung und fleischfressende Pflanzen. In so einem Universum ist Homosexualität doch eher langweilig. (Genauso ginge es mir auch mit Gott, wenn ich an ihn glauben täte. Wer so viel Phantasie hat, diese Natur zu schaffen, für den ist Homosexualität doch nur eine Fingerübung) .
Vor allem ist die Natur: wertfrei.
Seltsam, dass sie dann so oft für so starre aufgesetzte Werte herhalten muss, die nichts mit ihr zu tun haben.