Dass ich so schrecklich alt geworden bin
Dass ich so schrecklich alt geworden bin, erkenne ich daran, dass ich innerlich einen Lachanfall erleide, wenn die jungen Menschen tatsächlich und im Ernst fordern, dass Edward Snowden in Deutschland Asyl bekommt.
Schrecklich, weil ich diesen Zustand nicht mag. Weil ich es gerne anders hätte. Weil ich gerne auch in einer Welt leben würde, in der das möglich wäre.
Alt, weil die Erfahrung so auf mir lastet. Mich mit Gewicht niederdrückt.
Schrecklich alt, weil ich die Entfernung fühle. Die zwischen dem, was möglich wäre und dem was tatsächlich ist.
Schrecklich alt, weil ich es so klar sehe: verdammt, der Snowden sitzt doch schon seit ein paar Tagen in der Falle. Nicht mal so sicher, wie eine Maus in ihrem Mauseloch. Für ihn geht es schon längst um Leben und Tod. Eine Wahl hat er ganz sicher nicht mehr.
Aber ich bin berührt davon, dass es noch so viele Menschen gibt, die Demokratie fordern, wenn Demokratie draufsteht.
Leider ist sie manchmal nur um den Preis von Menschenleben zu haben. Gerade dann, wenn außen Demokratie drauf steht.
Nachtrag: mir sitzt der Verräterspruch des Bundespräsidenten auch noch ziemlich im Magen. In mir pulsiert es, denn aus meiner Erfahrung heraus, gibt es vor allem eine politische Richtung, die das Wort Verräter und Verrat ständig mit sich führt. Die Faschisten.
Verrat ist kein Wort, das ich mir aus dem Sprachschatz eines Bundespräsidenten wünsche.
Eben kommen die Meldungen: Deutschland hat den Asylantrag abgelehnt. Ganz bürokratisch und ohne dabei zu Kichern.
Tja, und ich hab mir heute gedacht: Hoffentlich geben ihm unsere Ösis kein Asyl, weil hier würd er bestimmt nicht lang leben. Es ist nicht schön, so zynisch geworden zu sein. Aber hat wohl mit der Welt rundherum zu tun.
Im Augenblick fällt mir kein Ort ein, an dem er sicher wäre. Auch nicht mit neuem Gesicht und neuer Identität.
Wie ich schon schrieb: für ihn geht es längst um Leben und Tod. Oder direkter gesagt: es geht um seinen Tod.
Und was ist, wenn Snowden nur ein Störfeuer ist, um und von etwas ganz anderem, wichtigerem abzulenken?
Wenn er wirklich gefährliche Infos hätte bzw. preisgeben könnte, wäre er schon längst bei einem „harmlosen“ Unfall gestorben.
Und ja, ich bin auch alt, zynisch und vielleicht etwas paranoid. 😉
Bei Gauck finde ich besonders traurig, dass er wohl vergessen hat, wo er herkommt. Er hat in der DDR ja nicht nur gegen eine Diktatur gekämpft, sondern auch gegen den Überwachungsstaat, den die Stasi aufgebaut hat. Ich glaube, der Westen, im besonderen die USA, ist mit der Überwachung inzwischen schon viel weiter, aber Gauck verschließt davor die Augen.
Nun ja, niemand kann Gauck den Vorwurf machen, er hätte sich verstellt vor seiner Wahl. Es ging ihm ja immer nur um die Überwachung in diesem bestimmten System.
Wenn da die Menschen etwas anders hinein interpretieren, dann kam ihm das halt recht. Es sind so die feinen Unterschiede für die viele kein Gespür mehr haben.
Und eins fällt mir noch auf: gegen die Diktatur gekämpft haben andere. Bei ihm kann ich das nicht sagen.
@MarcelW: seine wichtigste Information hat er ja schon preisgegeben und so richtig erschreckt hat sich niemand – nur die Menschen, die eine Demokratie für das halten, was sie von ihr in der Schule lernen.
Ich schreibe das nicht gerne, aber ich glaube nicht, dass er noch lange überlebt.
[…] Wenn ich die Ereignisse der letzten Nacht um Edward Snowden verfolge, dann nehme ich an, dass es eine ganze Menge Menschen gibt, die gerade über Nacht gealtert sind. […]
Die Amis sind giftig wie sonst was und ihr Ansehen, v.a. das Selbstbild, sie seien eine starke Nation und Saubermänner – vielleicht sogar die stärkste Nation auf Erden – wollen sie ums Verrecken erhalten. Die Realität ist für die eine narzisstische Kränkung und wer sie darauf stösst wird ausgelöscht.
Nicht alle Amis sind so, aber doch ein ganz erheblicher Anteil.
Oder sagen wir es mal so: Von den Amis kommt viel Gutes rüber, was Psychotherapie betrifft, v.a. Trauma. Das ist nicht ohne Grund so, weiss Gott nicht ohne Grund.
zu Violines Kommentar:
Allein schon die Einreise-Bestimmungen bzgl. der USA sprechen Bände!
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_3C87C954ABF66646074B82A9DCAD1D72/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/UsaVereinigteStaatenSicherheit_node.html
Wer fliegt da eigentlich noch freiwillig hin?
Zynisch wird man auch, wenn man die offizielle Beschreibung des Verhältnisses USA/DE liest:
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_3C87C954ABF66646074B82A9DCAD1D72/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/UsaVereinigteStaatenSicherheit_node.html
@ClaudiaBerlin
Ich habe Entsetzlichstes mit einer schwerstens traumatisierten Frau erlebt, von der die meisten glauben, sie sei Superduperwoman. Und wie hat ihr Umfeld allerwilligst mitgemacht, ohne auch nur jemals zu hinterfragen! Seither wundert mich bei dem paranoiden Zeugs der USA (oder sonstiger) nichts mehr.
Mich zieht es schon länger nicht mehr in die USA. Genau wie Du sagst, die Einreise-Bestimmungen sprechen Bände! Was will ich mit solch einem irren Land?
Inzwischen bin ich siebzig, aber lachen kann ich über so etwas immer noch nicht!
Ich finde den Staat mit seiner Willkür, seinen Ausspähungen der Bürger mit hilfe von Rechten, die Amerika schon seit 1954 unverändert beanspruchen und keinen Friedensvertrag mit der BRD haben, schrecklich. Da wünschte man sich doch, dass die Jungen daran etwas ändern!!! Wie wär`s denn, den „Piraten“ vorzuschlagen, als Wahlkampfthema ein neues Grundgesetz zu fordern, in dem all dies schlimmen, die Bürgerrechte verletzenden Dinge ausgeschlossen werden???
Mit freundlichem Gruß
Gerel Calow