Starke Frauen
Gib Antje Schrupp ein Stichwort und sie zaubert einen Blogeintrag hervor. Und was für einen! Fundiert und klar strukturiert. Über fast alles hat sie sich schon mal den Kopf zerbrochen. Nein, Quatsch. Zerbrochen ganz bestimmt nicht, eher das Gegenteil. Ich gebe zu: Ich habe erst den Anfang ihres Artikels über Starke Frauen gelesen. Mein Kopf ist noch zu voll vom Arbeitstag.
Helga schrieb auf Twitter: Jedes geschriebene „starke Frauen“ impliziert, dass der weibliche Normalzustand „schwach“ sei. Das war wohl der Aufhänger dazu, die vorherige Diskussion habe ich nicht mitbekommen. Zuerst muss ich hier ankommen. Und während ich es mir hier bequem mache, denke ich darüber nach, dass ich den Ausdruck „starke Frauen“ nicht mag. Kann sein, dass ich ihn trotzdem schon gebraucht habe. Das will ich nicht ausschließen, aber ich mag das Adjektiv nicht. Und für mich selbst schon gar nicht.
Nicht, dass ich lieber schwach sein will. Aber Tatsache ist: Ich bin in vieler Hinsicht schwach und das macht mir gar nichts. Stark und schwach sind keine Adjektive, die für meine Charakterbeschreibung eine Rolle spielen. Jedenfalls keine moralische und deshalb können sie mir gestohlen bleiben. Stark und schwach sind Worte, die oft für Zuschreibungen verwenden werden. Jetzt musst Du ganz stark sein, wird dir gesagt und dann reißt dir jemand den Boden unter den Füssen weg. Oder andersrum: Du bist (noch oder schon) zu schwach und deshalb sollst du wir helfen lassen oder akzeptieren oder was auch immer.
Ich nehme an Antjes Artikel handelt von etwas ganz anderem, das werde ich sehen, wenn ich ihn in Ruhe durchgelesen habe. Seht ihr: auch so eine Schwäche von mir. Ich gebe meinen Senf dazu, weil es mir gerade so passt.
Als Assoziation dazu fällt mir noch ein Twitter-Dialog dieser Tage ein. Es ging darum, ob es in Ordnung ist, jemanden zu brauchen, den mensch liebt. Auch da bin ich leidenschaftslos. (Was das brauchen anbelangt – nicht die Liebe). Es macht mir nichts aus, wenn mich jemand braucht und wenn ich jemanden helfen kann. Außerdem lasse ich mir selbst auch helfen, wenn es nötig ist. Das erleichert das Leben. Manchmal auch das Zusammenleben. Kritisch wird es, wenn sich die Menschen existentiell zum Leben brauchen. Nicht ganz so tragisch, aber für mich auch kompliziert wird es, wenn Menschen immer ohne Hilfe sein wollen. Menschen, die immer alles alleine machen wollen sind mir suspekt. Auch Menschen, die nie Hilfe annehmen wollen. Nun ja, suspekt ist zuviel gesagt. Ich finde, das Leben kann sehr kompliziert werden, wenn manche Menschen sich nie helfen lassen wollen. Aber meistens haben diese Menschen ihre Gründe dafür – und das Leben wäre auch ganz schön öde, wenn es nur einfache Menschen gäbe.
Außerdem bin ich wahrscheinlich selbst manchmal kompliziert. Ich merke es nur nicht oft, denn für mich bin ich übersichtlich. Meistens.