Eltern und Kinderlose
Der Artikel von Kadda macht mich sprachlos – aber die Emotionen in mir kochen hoch. Was passiert da auf diesem Gendercamp? Das frage ich mich auch manchmal. Viele interessante Themen und dazwischen: Verletzungen. Das schien im letzten Jahr ähnlich gelaufen zu sein. Grobe Verletzungen und ich frage mich, wie schaffen es die Betroffenen immer so sachlich, rational und bis ins Kleinste die Vorwürfe auseinanderzunehmen und zu szezieren?
Was gibt es da überhaupt zu analysieren?
Da haut jemand mit dem Holzhammer auf Menschen und Strukturen ein und erfreut sich an der Melodie, die der Holzhammertakt erzeugt. Mit ihr freut sich eine kleine Fan-Gemeinde über die Performance und verlangt, dass diese nicht gestört werden sollte. So weit so gut.
So weit, so unsinnig, sich da nicht in Sicherheit zu bringen.
Mich schmerzt es, wenn Menschen sich ein Urteil über meine Kinderlosigkeit bilden. Noch mehr, wenn sie daraus, bestimmte Charaktereigenschaften von mir ableiten. Ich kann verstehen, wie sehr es schmerzt, wenn Mütter sich abgelehnt und ausgegrenzt fühlen. Wenn ihre Leben mit den Kindern, angegriffen wird. Das ist nur die andere Seite der Medaille.
Gewaltlosigkeit stelle ich mir jedenfalls anders vor.
Und was soll aus uns allen werden, wenn wir nicht auf unsere Unversertheit achten? Auch auf die seelische.
wow. du bist immer so unglaublich schnell. ich hab das auch gerade gelesen. und ein bißchen von dem, was da noch zugehört. und mir fehlen noch absolut die worte.
Mir fehlen ehrlich gesagt, auch immer noch die Worte, also ist das oben praktisch ein wortloser Beitrag. So etwas wie eine Lichterkette für die Schwerverletzten.
Was für ein … nein das schreibe ich jetzt nicht.
Wie sagte der Alte Fritz? Jeder soll nach seine Fasson selig werden! Ist eine kinderlose Frau, bist du aus freien Stücken kinderlos? Geht mich das was an? Nein! Eine kinderlose Frau muss sich nicht rechtfertigen und eine Mutter sollte das auch nicht tun müssen. Warum jemand sich für Kinder entschieden hat, oder warum jemand keine Kinder will oder bekommen kann, das ist Privatsache…
Aber wahrscheinlich bin ich jetzt haarscharf am Thema vorbeigeschrabt.
Ich finde diese Auseinandersetzung auch „krass“, wie man heute sagt. Die Geste ist mir aber altbekannt, es gab schon immer ein paar besonders bewegte Lesben, die jegliches Hetero-Verhalten diskriminiert und nieder gemacht haben. Heut sind die Begrifflichkeiten ein bisschen anders (quer, trans, gender etc.), aber der Quell ist derselbe: Hass auf Heteros.
Eigentlich wäre es am besten, davon kein Aufhebens zu machen, allenfalls erstaunt die Augenbrauen hoch zu ziehen, wenn jemand mit solchen Anwürfen kommt!
Selber bin ich als kinderlose frau hoffentlich einigermaßen sensibel für die Lage von Eltern. Hab aber auch schon erlebt, dass Eltern sich eher abschotten und offensichtlich gar keine Hilfe/Unterstützung wollen. Ebenso bekomme ich mit, dass es anscheinend selten ist, dass Paare sich gegenseitig unterstützen: lieber ein Babysitter als eine neue Bekanntschaft!
Bei der Ausgrenzung von Müttern kenne ich aber durchaus AUCH die andere Seite: in meinen bewegtesten Zeiten waren Mütter in der Arbeits-, Projekt- oder Politgruppe tatsächlich ein Problem! Und auch die fortschrittlichsten und „linkesten“ Projekte haben lieber jemanden eingestellt, der nicht grade schwanger war oder schon mit Kind. Da fällt eben wirklich immer wieder Arbeitskraft aus, noch dazu unvorhersehbar: das Kind wird krank und Mutter muss zuhause bleiben. Oder sie muss das Kind ab und an MITBRINGEN, weil sich niemand gefunden hat, der aufpasst. Das Kind verunmöglicht dann halt das Arbeiten, indem es sich normal verhält und mit seiner Umgebung interagieren will. Klar, dass das Konflikte gibt.
In gewisser Weise könnte es eigentlich Balsam für die Seele der „bösen heteronormativen Eltern“ sein, dass es Menschen gibt, die sie so sehr beneiden, dass sie nicht einmal ihren Anblick als „Paar mit Kind“ ertragen!
@Piri: wenn ich deinen Kommentar lese fällt mir ein, wie sehr gerade du dich oft für deine Kinder hast rechtfertigen müssen – ich werde dann ganz klein und denke, was bin ich doch für eine Mimose. Woher nimmst du nur immer diese Kraft her, frage ich mich – und ehe ich die Frage ausformuliert habe, stoppe ich mich. Die Kraft muss einfach dasein, so irrwitzig das auch ist.
@Claudia: du nimmst das Wort in die Hand oder den Mund oder was auch immer – das Wort, um das es offensichtlich geht. Hass.
Das ist der Kern der Sache und deshalb empfinde ich das Geschriebene auch so gewalttätig und vehement. Es geht um einen Personenkreis, der von Toleranz, Anerkennung und was weiß ich redet, aber die Emotion, die zum Tragen kommt ist Hass.
Ich glaube nicht, dass sich Hass wegdiskutieren oder weganalysieren lässt. Vor Hass muss ich mich in Schutz nehmen, das sagt mir meine Lebenserfahrung und dann gehe ich in Deckung.
Ich habe mich jetzt mal durchgeklickt und merke: Ich bin zu blöd, um das überhaupt zu kapieren. Worum geht es da? „Hetero-Verhalten“ bzw. „-Inszenierung“ – was ist das? Darf ich einen Mann, den ich liebe jetzt nicht öffentlich anfassen, weil jemand anders sich dadurch verletzt fühlen könnte – oder zu unserem gemeinsam Kind (unsere sind real zu groß, um noch so was noch zu sagen) nicht sagen: „Geh mal zum Papa“, weil ich grade in einem Gespräch bin, wenn es die Schuhe gebunden haben will? Wäre das eine „Hetero-Kleinfamilien-Inszenierung“. Was für ein Graben wird denn hier eröffnet?
Es ist mir völlig klar, dass Frauen und Männer, die kinderlos leben, viel Diskriminierung erfahren, weil sie – z.B. in meinem Familienkreis – dauernd darauf angesprochen werden und sich rechtfertigen müssen. Da fahre ich dazwischen, wenn ich dabei bin. Ich habe Kinder und trotzdem gehen mir Kinder gar nicht selten auf die Nerven. Ich finde auch nicht, dass Kinder bei jeder Gelegenheit dabei sein müssen.
Ich bin eine weiße, heterosexuelle (überwiegend), nicht-behinderte (äußerlich) Mittelstandsfrau mit „Normalo“-Familie – und ich weiß, dass ich damit privilegiert bin. Ich versuche auch, das zu reflektieren. Ich will mir Mühe geben, darauf zu achten, Diskriminierungen zu verhindern, Normierungen zu vermeiden und Machtstrukturen aufzubrechen. Ich kann aber nicht jemand anders sein als ich bin. Ich lebe mein Leben nicht, um es vor anderen zu „inszenieren“ und ich bin beinahe jeden Tag unsicher, ob es ein „richtiges“ Leben ist, das gelingen kann, aus vielen Gründen und auch weil es so „passend“ zu den Normen ist, die dominieren.
Trotzdem wünsche ich mir, dass auch die Entscheidung mit Kindern in einer heterosexuellen (und meinetwegen monogamen) Beziehung zu leben, als eine mögliche freie Entscheidung akzeptiert und nicht unter Generalverdacht gestellt wird, eine Inszenierung zu sein und per se an der Unterdrückung anderer Lebensentwürfe mitzuwirken.
Nein, ich verstehe eigentlich nicht, worüber hier gestritten wird. Kann man die Vielfalt von möglichen Lebensentwürfen nicht einfach stehen lassen? Gemeinsam diejenigen stärken, deren Lebensentwurf von der dominierenden Norm abweicht? Solidarität mit jenen entwickeln, die diskriminiert werden, und ihnen zuhören, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten? Und komplett darauf verzichten, hier Opfer- und Täter-Positionen zuzuweisen? Es ist doch nicht wahr, dass „Familien-Frauen“ per se Frauen ohne Familie diskriminieren. Das kommt vor. Dann muss man dem entgegentreten. Aber das Faktum, dass eine Familie hat, ist doch keine Diskriminierung. Oder? Habe ich wieder alles falsch verstanden?
Wenn ich die Kommentare bei Kadda durchlese, komme ich zu dem Schluss, dass es nicht gut ist, die Hintergründe dieser Anschuldigungen verstehen zu wollen bzw. Sich so detailliert damit auseinander zu setzen. Es ist nicht gut und ungesund.
Die Mittel, die hier verwendet werden sind nicht fair. Worte die so verletzen sind eine Form der Gewalt. Solange das nicht Konsenz ist, kann kein Gespräch stattfinden.
Make your space safe – Sage ich da ironisch. (weil so eine Session auf der republica von einer der diskutierenden Dateien angeboten wurde).
Es kann verhängnisvoll sein, wenn Gewalt nicht als solche benannt wird. Meine Lebenserfahrung zeigt mir, dass es nicht gut ist, sich dem auszusetzen. Ich diskutiere nur in einem gewaltfreien Umfeld.
Ja, ich kenne das: die Diskriminierungen wegen meiner Kinderlosigkeit. Seltsamerweise wurde ich immer von Ärzten diskriminiert. Es lief immer folgendermaßen ab:
A: „Haben Sie Kinder?“
Ich: „Nein.“
A. (aufgebracht): „Wieso nicht?“
Ich: „Kinder sind Privatsache. Das brauche ich nicht rechtfertigen!“
A. (wütend): „Sie sollen antworten! Warum haben Sie keine Kinder?“
Ich: „Weil ich nicht blöd genug bin!“
Der Streit geht noch eine Weile so weiter. Der fragende Arzt (meist Frauenärzte, zwei Mal Allgemeinmediziner) will mich um eine Antwort nötigen. Was ich ihm auch sage, passt ihm nicht, fällt mir ins Wort: „Reden Sie nicht! Ich will wissen, warum haben Sie keine Kinder?“
Ich: „Weil ich kein Karnickel bin!“
Und dann kommt’s! Der Arzt tobt: „Mit Ihnen stimmt doch was nicht! So eine wie Sie, treibt doch ab!“
Ich: „Wo nichts im Bauch ist, gibt’s auch nichts zum Abtreiben! Bisher habe ich aus meinem Bauch noch keine Mördergrube gemacht!“
A: „Reden Sie nicht! – Wie oft haben Sie schon abgetrieben?“
Ich: „Null Mal … kein Mal!“
A: „Sie lügen!“
Ich: „Das klären wir gerichtlich!“
A: „Da kommen Sie sowieso nicht durch!“
Ich: „Mein Schwager ist Anwalt. Ich kann mir jeden Prozess leisten!“
Erst wenn ich diesen Idioten mit Prozess gedroht habe, hat der endlich sein Maul gehalten.
Es ist erstaunlich, wie schnell man in unserem Land mit bösartigen Unterstellungen diskriminiert wird – wie schnell es heißt, mit der stimmt was nicht! Wenn andere zu dumm Verhüten sind, bin doch ich nicht daran schuld! Man braucht als Frau nicht unbedingt Abitur und Studium haben, um klug genug zu sein, Kinder zu verhüten, ohne abtreiben zu müssen. Mir ist es gelungen! – Mit Pille und Kondome! Inzwischen bin ich jenseits der Wechseljahre und habe nie bereut, kinderlos geblieben zu sein. In meinem Bekanntenkreis gibt es Frauen mit Kinder, deren Ehen wurden alle nach wenigen Jahren geschieden, wegen chronischem Geldmangel, wegen Überforderung der Mütter, Arbeit, Haushalt und Erziehung unter einem Hut zu bringen und den ständig faulen, nörgelnden Ehemann ertragen zu müssen. Nein, Kinder bedeuten Armut. Zu viele Kinder, zu wenig Geld im Portemonnaie! Trotz aller Frechheiten, Beleidigungen und Diskriminierungen, habe ich es nie bereut, bewusst kinderlos geblieben zu sein. Und in Anbetracht der Welt-Überbevölkerung (z. Zt. 7,5 Milliarden Menschen, sollte man vor jeder Frau – vor jedem Ehepaar den Hut abziehen, die bereit sind, auf Kinder zu verzichten! Es macht doch nichts, wenn in DE due Bevölkerung von 81 Millionen auf 50 Millionen schrumpft, dann hat wenigstens fast jeder Arbeit, und die Wohnungsknappheit wäre auch verschwunden.