Holocaust-Gedenktag

Ich gehöre noch zur der Generation, die damit aufgewachsen ist, sich zu schämen. Sich im wahrsten Sinne der Wortes zu Tode zu schämen, für das was geschehen ist.
Für mich zum Glück immer in der Vergangenheitsform: Was geschehen war.
Es war geschehen, so viel wussten wir. Es war geschehen und es war unvorstellbar grausam. Mit jedem Tag des Erwachsenswerdens kam die Erkenntnis: die Vergangenheit, das ist das, was so unvorstellbar war.
1979 – kam im Fernsehen die Familie Weiss – und mit ihr zum ersten Mal dieser Begriff Holocaust. In meiner Erinnerung war das das erste Mal, dass Menschen auf der Straße miteinander über das Fernsehen sprachen und weder die Mondlandung, noch den Eurovision Songcontest und ganz und gar nicht Fußball meinten. Nein, sie sprachen zum ersten Mal laut über das Thema bei dem sie sonst nur flüsterten. Über die Juden und über das Ermorden – und dass das alles nicht erst mit den Gaskammern begann.
Über die Siniti und Roma sprachen sie erst später – und über die Kommunisten noch später und über die Homosexuellen in den Gaskammern spricht heute noch niemand auf der Straße.

Comments (1)

Holger EhrlichJanuar 28th, 2011 at 10:48

Mein Großvater väterlicherseits war konvertierter Jude, mütterlicherseits ein überzeugter Kommunist und Widerständler. Beide waren im KZ, und beide haben es glücklicherweise überlebt. So unterschiedlich die beiden waren, so sehr waren sie sich darüber einig, dass man dieses dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte zuschlagen sollte. Gedenkstätten, Gedenktage und Gedenkreden sind vollkommen sinnlos, wenn man die Kinder nicht zu freiheitlich denkenden Menschen erzieht, und sie sind unnötig, wenn die Menschen freiheitlich denken, war ihr Argument (das ich nicht unbedingt teile). Sie waren auch nicht der Ansicht, die Deutschen sich auf immer zu schämen hätten. Sie wollten nur, dass die Schuldigen bestraft werden. Mein jüdischer Großvater hoffte inständig, dass seine Enkel und die Enkel der Nazis-Verbrecher einst unbelastet miteinander auskommen könnten.
Dass über die Homosexuellen im KZ keiner spricht, verwundert nicht. Es spricht aber auch kaum jemand über die Schwulen in der SS, die es dort in durchaus nennenswerter Zahl gegeben hat. Das liegt wohl daran, dass das Verhältnis der Gesellschaft zur (männlichen) Homosexualität selbst heute noch nicht als unverklemmt beschrieben werden kann. Nicht unerwähnt sollte in diesem Zusammenhang beliben, dass noch bis 1965 Homosexueller Kontakt unter Männern in der BRD eine Straftat war! Und noch heute werden volljährige Schwule rechtlich anders behandelt als Lesben, wenn es um Sex mit 14 – 17 jährigen geht.

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