Journal29122022

Die Balkontür ist offen und milde Luft strömt ins Zimmer. Ich liege im Dunkeln und höre die vereinzelten Silvesterkracher, die die Jugendlichen zünden. Es fühlt sich nicht falsch an. Nur ungewohnt. Ich werde lernen, meinen Bewertungsmodus öfters auszustellen, denn er führt in einen sinnlosen emotionalen Kreisverkehr. Ein milder Jahreswechsel löst gleichzeitig Emotionen zur Klimakatastrophe und zum kriegsbedingten Energieeinsparen aus. Ich lausche in die milde Nacht und schupse die Emotionenwippe an ohne mich an ihr festzuhalten.

Das Jahr geht dem Ende zu und es war nicht einfach für mich und die Welt. Sein Titel könnte lauten „Es hätte schlimmer kommen können“.

In einigen Ecken kam es auch schlimmer. Die Demenzerkrankung meiner Mutter und ihre Auswirkungen auf meinen Vater. Auch wenn ich weiß, dass so viele durch diesen Höllenschlund gehen müssen. Das macht es nicht einfacher. Für mich ist es eine traumatisierende Erfahrung. Quälend lange anhaltend und bisher keine Möglichkeit was passiert zu verarbeiten, denn die Krankheit macht keine Pause, zieht nur nach und nach neue teuflische Joker. Es gibt kein Entkommen, kein Entrinnen. Alles Schlimme, was möglich ist, wird geschehen. Diese Krankheit schöpft aus einer toxischen Quelle immer neues Leid und gießt es in mein Leben.

„Sie sind sehr einfühlsam“, sagte sie letzte Woche zu mir.

Ich erspare es mir und der Sammelmappe daran zu erinnern, wie sie diesen Wesenszug von mir früher betitelte.

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