Ängste
Ich lebe meine Ängste aus. Aus Sicht der Glücksforschung – oder der Leidforschung oder der Angstforschung – ist das ein Fehler. Ausleben heißt sich an ein Verhaltensmuster zu gewöhnen. Es sich anzutrainieren. So trainiert sich die Glückliche das Glück an und die Ängstliche die Angst. Also doch besser die Angst einfach zu den Akten zu legen? Sie hinten ein sortieren und nicht beachten?
Das habe ich auch schon versucht, aber das ging nicht gut aus. Meinem Pokerface ist die Angst und die Furcht nicht anzumerken und im schlimmsten Fall würde ich tot umfallen bevor jemand merkt, dass etwas nicht in Ordnung mit mir ist. Diese Methode scheint mir daher nicht besonders angebracht. Ich mache das, was ich am Besten kann. Ich nehme meine Angst und drehe sie nach allen Seiten. Betrachte sie von oben und von unten und bespreche sie im Guten und im Bösen. Ich halte sie weiter von mir weg und gehe noch mal extra nahe dran.
Ich habe keine Angst vor meiner Angst. Sie kriegt mich nicht klein, höchstens in die Nähe eines Ohnmachtsanfalls. Aber den verhindert mein vegetatives Nervensystem. Das hat sich auch schon dran gewöhnt.
So ist das mit mir und meiner Angst.
Manchmal denke ich: Ich bin eine mutige Frau. Eine sehr mutige Frau, die schon vielen Ängsten in die Augen sah. Bis jetzt hinderte mich die Angst nie, meinen Weg zu gehen. Nur verlangsamt hat sie ihn ab und zu. Aber ihr wisst ja: Ich bin im Zeichen der Schnecke geboren.
Da passt das.
Ich versuche, mich da reinzuversetzen; es fällt mir schwer, ich scheine „robuster“ zu sein.
Ich kenne nur ein kurzes Angstgefühl immer morgens, wenn ich nach genau 8 Stunden Schlaf aufwache, nicht nach 7, nicht nach 9 Stunden – merkwürdig, nicht? Am Tag habe ich eigentlich nie Ängste.
Aber ich glaube, es ist Quatsch, seine Ängste zu verdrängen. Wenn ich lese, wie Du sie annimmst und mit ihnen lebst – das muss doch richtig sein. Fragst Du die Angst manchmal: „Warum bist Du jetzt da, bist Du wirklich nötig?“ Traust Du Dich, das Ding mal genau anzugucken, das die Angst auslöst?
Entschuldige, ich quatsche wahrscheinlich ziemlich blöd daher, weil ich gar nicht nachfühlen kann, wie das ist.
Nein, ich frage nicht danach, warum die Angst da ist. Warum-Fragen ergeben keinen Sinn in diesem Kontext. Genauso gut könnte ich fragen: Warum bin ich Claudia und nicht die alte Eule?
Es ist wie es ist. Ich werte die Angst nicht auf und nicht ab. Sie ist ja auch nicht immer gleich. Sie ist manchmal größer, manchmal kleiner. Manchmal plötzlicher und dynamischer und manchmal weich und nachgiebig. Sie kann mich auch unvermittelt überfallen. Z.B. wenn der Fahrstuhl ganz plötzlich still steht.
Die Angst ist lebendig, sie hat ihre Eigenheiten. Sie ist da und geht auch wieder. Nur wann sie geht, entscheidet sie selbst.
Hm.
Soweit ich bei Panik weiss, soll man die annehmen, dann wird es leichter und weniger.
Das wird doch wohl auch für Ängste gelten?
Ich weiß nicht viel über den Umgang mit Panik oder Angstattacken, d.h. weiß ich auch nicht, ob man die auch „annehmen“ kann. Irgendwie klingt das für mich, als schließt sich das aus. Wenn ich es annehmen kann, dann ist es auch nicht panisch.
Aber wie gesagt: Ich weiß darüber wenig.
Ich hatte mal einen Bekannten, der unter Panikattacken litt. Dem hatte ein Psychiater geraten, sie anzunehmen, statt sie abzulehnen. Der Bekannte fand das erst absurd, aber später ist er darauf gekommen, dass der Psychiater recht hatte.
ängste verdrägen ist wohl kaum die lösung, üben sie zu überwinden ist sicher gut.
da gibt es aber auch berechtigte ängste, die uns ja vor schlimmeren bewahren. angstfrei ins unglück zu rennen macht nicht stärker.
Eine Freundin von mir hat Höhenangst. Und weil die Cafeteria hier im Kaufhof am Bismarckplatz so hoch oben ist, sind wir da heute schon zum Frühstücken hingegangen, zum Trainieren.
Ängste lassen das Leben vermeiden, wenn ihnen zu freizügig nachgegeben wird, werden sie immer größer und schränken immer mehr ein …. bei mir ists der Schnee und ich zähle die Tage bis der Frühling endlich da ist.