TDDL – Tag 2
Heute bin ich wieder etwas versöhnter mit der Literaturwelt. Habe meine eigenen Höhepunkte gefunden und genossen, vorallem auch den Zugang zu den Texten verstanden, die mir nicht so gefielen.
Aber generell ist mir wieder eine Sache aufgefallen, die mir jedes Jahr bei den Jurydiskussionen auffällt. Vielleicht kann ich als Laie nicht die Qualität der Progression einer Literaturkritikerin beurteilen, aber was ich eindeutig merke ist, dass sie sehr oft aus ihrer eigenen Erfahrungswelt heraus argumentieren oder interpretieren und dies für allgemeingültig halten. Sie reflektieren ihre eigene Situation in der Welt wirklich nur sehr oberflächlich. Das irritiert mich, wenn ihr Beruf doch die Reflexion ist.
Dazu passend gibt es gerade eine Diskussion zu der Frage des Sexismus in Hildesheim. Diese Mechanismen scheinen alle zusammenzugehören.
Als Tochter einer Putzfrau ist es mir peinlich den Ergüssen der Jury zu diesem Thema zuzuhören und mir wird klar, wie wenig Bodenhaftung da vorhanden ist.
Aber jetzt erst Mal von vorne. Aber in Kurzform.
Ferdinand Schmalz
Nun ja, ich sehe gleich zu Beginn ein, dass das weder mein Humor noch meine Art von Text ist. Aber ich kann nachvollziehen, dass anderen Menschen das Herz dabei aufgeht. Sandra Kegel hat ihn eingeladen und fast alle Jury-Mitglieder sind angetan. Hinreißende Figuren, eröffnet Sprachraum, Herr Kastberger meint es sei ein österreichischer Text. Mir wird jedenfalls das „sprechende Rehragout“ als Erinnerung bleiben.
Barbie Markovic
Sie musste leider schwer mit ihrer Stimme kämpfen. Ich fand die Wohnung, die die Menschen zerstört und hinterher aufräumt, creepy. Total unheimlich, auswegslos. So wie eben das Leben für manche Menschen ist. Eingeladen hat sie Klaus Kastberger. Aber außer ihm scheint der Rest der Jury wirklich nicht begriffen zu haben, dass die Familie eine Vorgeschichte hat. Dass da etwas Unheimliches mitten im Heim ist, weil etwas Schreckliches passiert war. Vor der Geschichte. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, weil sie nur auf die Lichtung schauen.
Spätestens jetzt war klar – Herr Wiederstein ist kein Sympathieträger.
Verena Dürr
Ebenfalls eingeladen von Klaus Kastberger. Ihr Text kam auf Twitter gar nicht an, bei der Jury nur bedingt, aber ich mochte ihn sehr gern. Dieser Text über die Einlagerung eines Klavier in einem Zollfreilager in den Schweizer Bergen. Da war nur noch kalt, künstlich, kein Hauch von Natur mehr. Konservierte Kultur sozusagen. Ein Thema, dass unsere Gesellschaft spalten wird. Auch in Zusammenhang mit der Vererbungswelle.
Jackie Thomae
Aus meiner Sicht hat sich da jemand an einer Putzmann-Geschichten-Idee überhoben. Die Jury diskutiert lange und ausführlich, denn das ist jetzt ein Thema, das sie anspricht. Da werfen sie mit Assoziationen nur so um sich, sie loben und kritisieren. Phantasieren sich weitere Geschichten zusammen. Gewohntes Terrain eben. Hubert Winkels hat eingeladen. Mittlerweile kann ich auch abschätzen, welcher Juror welche Art von Autorin einlädt. Welche Art von Text noch nicht, aber die Person, die kann ich schon abschätzen. Es ist wie bei uns im Amt mit den Auswahlgesprächen. Die Menschen halten sich für objektiv und sind so durchschaubar.
Jörg-Uwe Albig
Eingeladen von Meike Feßmann. Ich erspare Herrn Albig meine Einschätzung seines Textes, davon wäre er nicht erfreut. Aus der Jury-Diskussion lerne ich die Theorie der Ding-Liebe kennen. Falls ich die nicht schon vorher kannte. Meike Feßmann muss den Juroren erklären, dass es eine Liebesgeschichte sei.
Eher Sex- als Liebesgeschichte möchte ich da als Liebesexpertin dazwischen rufen.
Ich bin jetzt bis oben hin mit Text angereichert. Das fühlt sich gut an. Satt und wohlig.
Danke dir!
Peinlich manche Stellen dorten im Fernsehen.
Durchschaubar, wie sollte es auch anders sein. Keiner tritt aus seinen Mokassins.-
Gruß von der Mitseherin
P.S.: nicht nur mir wird noch diese Sache mit dem wurzellosen Rettich in Erinnerung bleiben…