Die Stadt mit der roten Pelerine
Dass ich keine Feuilleton-Leserin bin, bringt manchmal auch Nachteile mit. Auf die wunderbare türkische Autorin Asli Erdogan bin ich erst aufmerksam geworden, als sie in der Türkei verhaftet wurde. Zur Zeit ist sie frei, aber sie rechnet damit, dass sie verurteilt wird. Einfach so. Einen Grund gibt es nicht. Aber das kennen wir ja leider schon.
Ich habe jetzt von ihr „Die Stadt mit der roten Pelerine“ gelesen. Einen Roman, den sie schon 1998 veröffentlichte. Ein Buch einer türkischen Autorin, dessen gesamte Handlung in Rio der Janeiro spielt. Protagonistin ist Özgür, eine junge, gebildete Türkin, die seit zwei Jahren in Rio lebt und dort einen Roman schreibt.
Ein Roman im Roman. Viele Leben im Leben. Chaos, Leid und Tod ist in dieser Stadt allgegenwärtig. Der Text hat so viele Ebenen, dass einem schwindlig werden kann. So viele Interpretationsansätze. So viel Spiel mit der Sprache und immer wieder dieses Leid, die Gewalt und der Tod. Durch das ganze Buch hindurch möchte eine der Protagonistin zurufen: Geh weg! Rette Dich! Noch kannst du weglaufen.
Aber so ist das leider nicht. Weglaufen lässt diese Stadt nicht zu, das Abenteuer geht schlecht aus. Der soziale und mentale Abstieg ist konsequent und unausweichlich.
Das Nachwort von Karin Schweißgut sortiert die Erzählung im Anschluss noch mal, mir tat es gut, mit dem harten Ende nicht weggeschickt zu werden.
„Der Text hat so viele Ebenen, dass einem schwindlig werden kann.“
Wie geht das eigentlich und da bin ich Neuling, ein Buch angemessen in eine andere Sprache zu übersetzen? Diese ganzen Subleties? Die versteckten, ja gehauchten Dinge? Ich stelle mir das als eine Sysiphus-Anstrengung vor.
Keine Ahnung. Ich habe noch kein Buch übersetzt.