Fräulein Jacobs funktioniert nicht
Fräulein Jacobs funktioniert nicht
von Louise Jacobs
Mein Lesestoff türmt sich materiell und virtuell seit ich die Stadtbücherei wiederentdecke.
Gestern in der Mittagspause brachte ich zwei Bücher weg und da stand Fräulein Jacobs in meinem Weg. Vor drei Jahren war sie ziemlich lang auf der Bestsellerliste, aber da habe ich sie ignoriert.
Ich nehme sie mit und warte gespannt, was das Mädchen aus der Kaffeefamilie Jacobs mir zu sagen hat.
Aha. Ein Cowboy-Traum. Der Einstieg ist gewagt. Mal sehen, was Louise Jacobs daraus macht. Sie erzählt in Zeitsprüngen. Nicht immer weiß ich, von welchem Ort und von welcher Zeit sie schreibt. Legasthenie und Dyskalkülie sind hart. Sie erzählt davon, wie in einer Fallgeschichte. Zählt minutiös die Therapieversuche auf und auch, wie sehr die Therapien sie von den anderen Kindern fernhalten.
Schon als Kind mag sie Natur und Pferde. Sport ist obligatorisch in ihrer Gesellschaftsschicht. Sie erzählt von der phantasievollen Ausgestaltung ihrer Ängste bei Nacht.
Mit Jungen wollte sie sich messen und in ihrem Mädchenkörper fühlte sie sich nicht wohl. Der Junge als Inbegriff von Stärke und Freiheit.
Mit fünfzehn nimmt sie ihre Tante mit nach Argentinien und dort fühlt sie sich wie zuhause bei den Pferden und in der Natur. Aber sie sieht zum ersten Mal in ihrem Leben auch eine Armut, die sie aus der Schweiz nicht kennt.
Trotzdem kommt ihr bei ihrer Rückkehr alles nur noch eng vor. Sie möchte fliehen und da das nicht möglich ist, wählt sie den inneren Rückzug.
„In der Gesellschaftsschicht, in der ich steckte, gab es nur den Aufstieg. Die einzige Form der Rebellion war also, weiter an meine Träume zu glauben.“
Weil es in der Schweiz mit dem Abitur nicht klappen würde, geht sie an die Vermont Academy. Dort gelten andere Regeln und zum ersten Mal fühlt sie sich als Teil einer sozialen Gruppe. Sie vermisst ihre gewohnten Rückzugsmöglichkeiten.
Es folgen ihre erste Verliebtheit, ihre erste Beziehung. Aber Anfassen lassen möchte sie sich nicht. Warum ist sie so anders, fragt sie sich. Kindlich stellt sie sich Liebe ohne Sex vor. Sex eher als einen Gewaltakt.
Sie wollte eine neue Louise werden. Eine, die in allem gut ist.
„Manchmal ist die Selbstzerstörung der letzte Versuch gehört zu werden.“
Das konnte nicht gut gehen und endet wegen Essstörungen in der Klinik.
Auch dort wieder der Kampf mit sich Selbst.
Mein Fazit: Ich kann dem Erzählten folgen, aber es reißt mich nicht mit. Innerlich lässt es mich kalt. Identifizieren kann ich mich nicht mit der Erzählerin und das liegt vielleicht auch daran, dass sie auch die Leserinnen immer auf Distanz hält.