Die Briten gehen
Heute ist also der historische Tag: die Briten verlassen Europa.
Das tut weh. Ich bin keine Wirtschaftsexpertin und in der Regel eher skeptisch, wenn die Wirtschaft mit Untergangsszenarien droht. Es gibt oft Situationen, da wird mit viel Phantasie pseudosachlich argumentiert. Aber heute bekomme ich es mit der Angst zu tun. Das ist kein kreativer Neubeginn. Das ist ein rechter Schlag gegen die Menschlichkeit.
Ja, ich weiß: wir sind schon die Festung Europa und die anderen müssen draußen bleiben. Auch nicht schön. Jetzt wird also damit begonnen, kleine Festungen zu bauen. Ohne Sinn und Verstand.
Es gibt eine Geschichte von Edgar Allan Poe, die für mich als Kind der Inbegriff einer Gruselgeschichte war. Der rote Tod hieß die Geschichte und sie handelt von den Zeiten der Pest und dass sich die reichen Menschen in der Zeit des Elends absperren wollten und ein Fest feierten. Ein dekadentes, ekelhaftes Fest. Aber wie sollte es anders sein, der rote Tod war schon drin und hat sie sich alle geholt. Da war kein Entkommen.
Irgendwie erinnert mich die Situation daran.
Die Gesellschaft wird grausamer, dekadenter und versucht sich immer mehr abzuschotten. Aber das Grauen ist schon da. Unter ihnen.
Der Kapitalismus hat seine Spuren hinterlassen in Europa. Ganze Gesellschaftsschichten wurden abgehängt und ausgegrenzt. Jetzt wollen sie nicht mehr mitspielen und gehen ihre eigenen Wege. Für mich ist das nachvollziehbar und beängstigend zugleich. Da sind die vielen Konflikte. Mit Russland, mit der Türkei, im Nahenosten. Da ist die USA mit Trump, da ist so viel Gewalt und so viel Despotentum.
Und da sind wir mit unserem Vertrauen, dass der Frieden ewig währt. Dass es für uns immer gut ausgeht. Dass alles schon wieder in Ordnung kommt, wenn wir nur fleißig weiterkonsumieren. Immerhin lernen wir ja schon nachhaltig zu konsumieren und den Zeigefinger, den können wir auch gut erheben. In jeder Lebenssituation.
Wie könnte uns da in den Sinn kommen, dass unsere friedlichen Tage angezählt sind?