Blumenpracht

„Die Blume, die du in deiner Seele trägst, stirbt nie.“

Bin wiedereinmal durch den #Bethmannpark gestreift.


Mehrere kleine, weiße Blüten mit zarten Blütenblättern stehen in einem Strauß aus dünnen, grünen Stielen. Im Hintergrund schimmert weiches Sonnenlicht, das die Blüten leicht durchleuchtet.

Bildbeschreibung:
Mehrere kleine, weiße Blüten mit zarten Blütenblättern stehen in einem Strauß aus dünnen, grünen Stielen. Im Hintergrund schimmert weiches Sonnenlicht, das die Blüten leicht durchleuchtet.

Unter allen Umständen frei

Antje Schrupp hat ein neues Buch mit dem Titel „Unter allen Umständen frei“ geschrieben. Darin schildert sie die Lebensläufe der drei revolutionären Feministinnen Victoria Woodhull, Lucy Parsons und Emma Goldman und zeigt, wie sie im späten 19. Jahrhundert in den USA wirkten. Es war eine Zeit großer Umbrüche, ein „goldenes Zeitalter“, in das heute manche Menschen offenbar nostalgisch zurückblicken. Es war aber vorallem eine dunkle Zeit für die Mehrheit der Bevölkerung. Alle drei Frauen führten auf ihre Weise ein sehr selbstbestimmtes Leben und kämpften mit großem Einsatz für die Rechte der Frauen. Ihre Lebensgeschichten verlaufen nicht bürgerlich glatt, sondern sind schillernd, widersprüchlich und voller überraschender Wendungen.

Nebenbei erfährt die Leserin viel über die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen dieser Epoche – und stößt dabei auf etliche Tatsachen, die gängigen Vorstellungen widersprechen. Mich verblüfft beim Lesen immer wieder, wie viel sich von dem, was heute in den USA passiert, aus jener Zeit heraus erklären lässt. Es war eine Ära, in der es den Arbeiter*innen sehr schlecht ging und die Arbeitgeber über nahezu unangefochtene Macht- und Gewaltmonopole verfügten. Die Lebensrealitäten von Frauen sind aus meiner Sicht besonders geeignet, um ein lebendigeres und umfassenderes Bild von einer historischen Epoche zu bekommen als es die traditionelle Geschichtsschreibung oft vermittelt. Dass dies anhand von drei so außergewöhnlichen und radikal eigenständigen Frauen geschieht, macht das Buch umso faszinierender.

Ich habe es mit großer Begeisterung gelesen. Es regt zum Weiterdenken an. Nicht nur über Feminismus, sondern auch über Freiheit, politische Utopien und die Kraft des Widerstands.

Das Buch lädt ein, gängige Narrative zu hinterfragen, und macht Mut, gesellschaftlichen Wandel auch heute nicht für unmöglich zu halten. Es ist zugleich ein politisches, historisches und spannendes Buch.

Journal04082025

Ich bin in die Natur gegangen – nicht um zu denken, sondern um zu blühen.

Blumen im Bethmannpark

Die Obstbäume in den Kleingärten hängen voller Äpfel und Birnen. Die Zweige der Walnussbäumen werden von den Nüssen nach unten gedrückt. Das diesige, kühle Wetter verbreitet Herbststimmung. Diese wehmütige Stimmung, die darin erinnert das die Zeit unerbittlich fortschreitet. Die Illusion der mittleren Jahre, dass die Zeit eine scheinbar unerschöpfliche Ressource ist, ist längst enttarnt.

Ich schreite unter den Nussbäumen wie durch ein grünes Gewölbe, ich laufe die Berger Straße entlang und lande immer wieder im Bethmannpark. Bei den Blumen, bei den großen Gingkobäumen, im chinesischen Garten.

Ehe ich mich versehe, wird mein erster Rentensommer vorbei sein. Dieses Jahr ist so ganz anders gelaufen, als ich es mir jemals vorstellen konnte. Mit massiven gesundheitlichen Einbrüchen. Aber ich bin froh, um jeden Tag den ich jetzt arbeitsfrei verbringen kann. Ich bin dankbar und sehr bei mir selbst, wenn ich zum Blühen in den Park gehen kann. Ich bin erleichtert, dass das Bullshit-Bingo-Spiel ohne mich weiter geht.

Journal02082025

Spaziergänge zwischen den Regenschauern. Alles gut, solange das Thermometer nicht über 30 Grad steigt. Dieser Sommer ist grün, das erfreut mein Gemüt. Die alten Nussbäume am Hang werfen ihre ersten Nüsse ab und die Krähen lassen sie auf den Asphalt knallen, weil sie sich nur so öffnen lassen.

Nachts träume ich komplizierte Traumfolgen und strenge mich an, möglichst bald zu entkommen. Das hat nichts mit mir zu tun, beruhige ich mich im Traum. Der Traum ist nicht auf dem neusten Stand. Das ist so ähnlich wie bei der KI, die ist so lange hinterher, bis sie plötzlich vorne dran ist. Lang dauert das nicht mehr. Ganz und gar nicht mehr.

Fürs Gemüt

Blumen für das Gemüt und die Seele gibt es im Bethmannpark. Dort blüht es in allen Farben. An manchen Plätzen sind die zarteren Blüten etwas zerfleddert. Die Unwetter der vergangenen Tage hinterlassen ihre Spuren.

Blumen im Bethmannpark

Bin heute zum ersten Mal am Merianplatz vorbeigelaufen, nachdem die beiden vergifteten Platanen jetzt gefällt sind. Das hinterlässt ein seltsames Gefühl. Rechtlich wird das Vergiften der Bäume als Sachbeschädigung eingeordnet. Aber irgendwie fühlt sich das nicht richtig an.

Nun ja. Gefühltes Recht. Das ist ein schwieriges Gelände.

Journal24072025

Stürme möglich. Mein Smartphone warnt schon ein paar Tage immer wieder. Stürme möglich. Manchmal ist Wind draußen. Manchmal liegen kleine Äste auf dem Boden. Manchmal werden Bäume vergiftet. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Stürme möglich. Draußen und drinnen. In meiner Seele. In meinem Gemüt. Mein Nervensystem schüttelt sich zurecht und verursacht gewaltige Stürme. Hartnäckig und beharrlich. Nicht im mindesten kompromissbereit.

Journal18072025

Schreiben als Selbstvergewisserung. Ich bin noch hier. Ich drücke mich aus. Ich gebe laut. Es kam in den letzten Jahren immer wieder vor, dass es in der Sammelmappe ruhiger wurde. Manchmal weil mir die Worte fehlten, manchmal, weil ich lieber woanders schrieb oder las. Bisher bin ich aber immer davon ausgegangen, dass ich bis ans Ende meines Lebens hier bloggen würde. Da bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher. Zwar schätze ich die Sammelmappe, als eine wertvolle Begleiterin durch nicht ganz einfache Zeiten und ein tolles Archiv intensiver Erinnerungen, aber davon gibt es mittlerweile viele im Internet-Land. Es gibt verlassene Baustellen und wildes Gelände. Nie hätte ich gedachte, dass mich Facebook und Instagram so lange begleiten. Der Abschied von Twitter tat weh und ich habe ihn auch nur passiv vollzogen. Ich poste dort nicht mehr, aber mein Konto habe ich nie gelöscht. Heute würde ich keine Wette darauf abschließen, wo ich mich im nächsten Jahr im Internet tummle. Ich weiß aber sicher, dass ich weiter für mich schreiben werden. Mit dem Stift auf Papier. Das ist mir am Nähesten. Da bin ich bei mir. Das wird das letzte sein, was ich im Leben aufgeben.

Über alles andere kann ich nur spekulieren. Mit den Jahren hat sich allerdings meine Neigung verstärkt, möglichst unauffällig und unter dem Radar zu bloggen. Mir ging es immer viel zu sehr an die Nieren, als dass ich hier oder anderswo Konflikte ausrollen oder ausdebatiieren wollte. Dazu nehme ich die Welt zu persönlich und gute Moderation war noch nie meine Stärke.

Hier in der Sammelmappe war daher oft auch ein ausgesprochener Rückzugsraum. Meine Blase, die ich dringend brauchte. Eigentlich hätte ich sie noch viel ausgeprägter gebraucht. Im Nachhinein ist eine da klüger. In Erinnerung an dieses konfortable Wohlfühl-Blasen-Gefühl werde ich die Sammelmappe wahrscheinlich länger betreiben, als es sinnvoll ist. Das ist jetzt schon klar. Aber irgendwann, wird die Wehmut auch ein Ende nehmen und dann ziehe ich weiter.

So ist das im Leben. Mal mehr und mal weniger.

Rezept

Rezept für ein Mittel gegen Liebeskummer

Eine Handvoll Brennesselblätter

wenn nicht vorhanden: Melisse
wenn nicht vorhanden: Pfefferminze
wenn nicht vorhanden: Petersilie

etwas Birkenrinde (von der Birke hinter unserem Haus)
Kaffeesatz

Wasser aus einem Brunnen in Sibirien

wenn nicht vorhanden: Wasser aus der Leitung (am besten eine Leitung im Keller oder in der Tiefgarage, so tief in der Erde wie möglich)
Für später: Wodka

 Und dann, Babulya?
Am besten trinkst du einfach den Wodka, meine Kleine. Iss eine eingelegte Tomate dazu.

aus „Bis wir Wälder werden“ von Birgit Mattausch

Das Poetische blüht im Augenblick

Poesie ist die Kunst, stehen zu bleiben, wenn alles weiter will.

Sie lauert im Summen der Mittagsstille, wenn die Hitze über den Wiesen flimmert. Im surrenden Sekundenbruchteil, bevor die Kaffeetasse deine Lippen berührt. Im flüchtigen Muster, das ein Vogel mit seinen Flügeln in die Luft schreibt – ein Schriftzug, den niemand festhalten kann und der doch in dir weiterwächst.

Heute Morgen, zwischen Mülltonnen und Absperrgitter, blühte ein Löwenzahn durch den Asphalt. Sein Stängel: verbogen, aber nicht gebrochen. Sein Gelb: ein schmutziger Triumph. Ich blieb stehen. Atmete ein. Und plötzlich war da dieses stille Überschwappen – als würde die Welt für drei Herzschläge alles Überflüssige abstreifen. Nur noch Stängel. Gelb. Licht.

So funktioniert es: Das Poetische ist kein Garten, den man anlegt. Es ist das wilde Kraut, das durch Ritzen bricht. Es blüht nicht für uns. Es blüht trotz uns. Und wenn wir uns bücken, um es zu betrachten, wird unsere Seele plötzlich federleicht. Weil wir begreifen:

Wir sind Gäste in einem Universum,
das sich unentwegt in kleinen Wundern entzweit –
nur um uns zu zeigen, wie unendlich viel
in einem einzigen, unbeachteten Atemzug liegt.

Geh heute mit weichen Augen. Der nächste Augenblick trägt vielleicht schon Samenflügel in seinen Händen.

Der stille Kampf mit der Selbstfürsorge

Ich habe erst spät im Leben gelernt, auf mich selbst zu achten. Oder besser gesagt, ich habe damit begonnen auf mich selbst zu achten.

„Das Herz will sich selbst versorgen, doch wer gibt ihm die Zeit?“

Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Doch sie ist oft schwieriger, als sie klingt. Es ist mühevoll ihr Alphabet zu lernen, sich die Vokabeln anzueignen und die Gramatischen Regeln der Selbstfürsorge zu erlernen. Mit kleinen Babyschritten komme ich weiter. Schritt für sich. Mutig sein und meine inneren Glaubenssätze austauschen, das ist mein Weg auf dieser Odyssee. Vor allem die Glaubensätze helfen mir weiter.

Doch Vorsicht ist geboten. Nicht alle, die meine Hilfe suchen, tun dies mit reinen Absichten. Manchmal lauern toxische Beziehungen im Umfeld, getarnt als außerordentlich hilfebedürftige Konstellationen. Sie saugen meine Energie aus und lassen mich leer zurück. Es ist wichtig, wachsam zu sein und zu erkennen, wann ich mich von solchen Dynamiken distanzieren muss.

Selbstfürsorge bedeutet auch, sich von allem zu befreien, was mir nicht guttut. Es bedeutet, nein zu sagen, wenn es notwendig ist, und ja zu mir selbst und zu all den tollen Sachen, Erlebnissen und Erfahrungen, die die Welt offener und freier machen.

Denn nur wenn wir auf uns selbst achten, können wir auch für andere da sein – stark, gesund und voller Liebe.

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