Langgedicht

Wenn der Schmerz größer wird, werden die Gedichte länger, sagte Marion Poschmann zu Abschluss der Veranstaltung über das Langgedicht.

Es sind so viele Menschen gekommen, dass sie seitlich einen zweiten Raum aufmachen. In der Zeitung hätte sie von der furiosen Eröffnungsveranstaltung der Tage der Lyrik gelesen, murmelt eine Frau im Publikum und ihre Nachbarin stimmt intensiv zu. Sie sei auch hier wegen dieses Artikels. Wenn sie schon die Eröffnung verpasst hatte, wolle sie doch an ein paar anderen Veranstaltungen teilnehmen.

Ich war bei der Eröffnung und auch wenn ich den Artikel nicht kenne, den anscheinend viele lasen, kann ich dieser Einschätzung zustimmen. Die Eröffnungsveranstaltung war eine Wucht. Lyrik in der lebendigsten Form, die ich je erlebt habe. Furios trifft es sehr. Eine Feuerwerk erster Güte. Schön, dass das auch so in die Welt getragen wurde.

Ich dachte ja wirklich ich säße da heute mit ein paar wenigen Menschen, die sich für die Form des Langgedichts interessieren. Da wird es bei den jungen, dynamischen Nachwuchskünstler*innen noch wesentlich impulsiver hergehen.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Die Rose blüht, einfach so. Sie steht da, in voller Pracht, und fragt nicht nach dem Warum. Sie ist, weil sie ist. Und das ist genug. Die Sonne streicht über die Blütenblätter, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Und vielleicht ist es das auch.

An einem stillen Vormittag, wenn die Welt um mich herum zu atmen scheint, stehe ich vor einem Rosenbusch und verstehe plötzlich alles und nichts. Die Rosen sind da, sie blühen, und sie kümmern sich nicht um die Fragen, die mir durch den Kopf gehen. Sie sind einfach. Und doch so kompliziert in ihrer Schönheit.

Ein blühender Rosenstrauch.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.“ Das schrieb Gertrude Stein.

Und so stehe ich da, vor diesem Busch voller Rosen, und spüre, wie die Welt für einen Moment stillsteht. Die Blüten leuchten im Licht, als wären sie das Zentrum des Universums. Und vielleicht sind sie das auch, in diesem einen, kurzen Moment.

Ich könnte stundenlang hier stehen und zuschauen, wie das Licht die Blüten streift, wie sich die Blätter im Wind wiegen. Ich könnte vergessen, dass es eine Welt außerhalb dieses Parks gibt. Aber das ist nicht nötig. Es reicht, einfach hier zu stehen und zu sein. Wie die Rose.

Das Flüstern der Blätter

Im Schatten der Bäume
in den Wurzeln der Erde,
wo das Flüstern der Blätter
die Geschichten der Zeit erzählt,
wächst der Traum von Veränderung,
gepflegt von Händen, die graben,
von Herzen, die schlagen,
im Takt der Natur.

Es sind nicht die Worte,
die im Wind verwehen,
sondern die Taten,
die wie Samen fallen,
in die fruchtbare Erde,
um zu blühen,
um zu leben,
um die Welt zu umarmen.

Jeder Baum, der emporragt,
ist ein Zeugnis des Glaubens,
ein Zeichen des Mutes,
ein Versprechen an die,
die nach uns kommen,
dass wir nicht nur gesprochen,
sondern auch gehandelt haben.

Im Schatten der Bäume,
wo die Vögel singen,
und die Sonne tanzt,
erblüht die Hoffnung,
gepflegt von den Händen,
die nicht nur träumen,
sondern auch pflanzen,
und die Erde in Liebe
wiederherstellen.

Ängste

„Im Dunkeln der Ängste den Sternenstaub suchen.“

Das wäre eine gute Überschrift für das vergangene halbe Jahr. In der Dunkelheit nach dem Funke des Lichts suchen, das sich vor Millionen von Jahren auf die Reise machte. Darin Trost finden. Mir Geschichten in mein Herz flüstern lassen. Geschichten von Verlust und Hoffung, von der Zerbrechlichkeit des Seins, vom Schillern der Liebe.

Ich öffne meine Augen und erzähle mir selbst nun selbst Geschichten. Meine eigenen Träume, die glitzern manchmal wie der Sternenstaub.

Lebensträume

Sie sind stiller geworden. Leiser sowieso. Meine Lebensträume werden mit jedem Lebensjahr übersichtlicher. Vielleicht nicht bescheidener und schon gar nicht demütiger. Eher konkreter, praktischer.

Schritt für Schritt wage ich mich weiter vor. Hangle mich weiter. Die Krankheiten der vergangenen Jahre lehrten mich Selbstreflexion. Eine neue Perspektive auf mein Leben, auf meine Lebensgeschichte und auch auf meine Lebensträume. Ich habe vage verstanden, dass Heilung ein Prozess ist, der viel Reflexion erfordert. Aber auch die Fähigkeit zu Träumen.

Der Ginkgobaum

Ginkgobaum in der Morgensonne

Doch er, er blieb, ein stiller Zeuge,
ein Baum, der alles überdauert,
ein Gedicht, das niemals endet.

(Hilde Domin)

Verzaubert vom Ginkgobaum im Bethmannpark.
Take care, Ihr Lieben.

Handtuchtag

Der Handtuchtag ist eine Hommage an Douglas Adams‘ „Per Anhalter durch die Galaxis“. Er steht für etwas, das mir sehr schwer fällt.

Immer bereit sein, das Unerwartete zu erwarten“

Das Handtuch wird zum Symbol für alles, was wir nicht planen können. Es ist der stille Begleiter, der uns daran erinnert, dass das Leben voller Überraschungen steckt. Es ist nicht nur ein Stück Stoff; es ist eine Einladung, das Abenteuer zu umarmen, das vor uns liegt. Es ist die Erinnerung daran, dass wir, egal wohin das Leben uns führt, immer etwas haben, das uns Halt gibt.

Ich streite mit chatgpt darüber, warum Arthur Dent das Handtuch mit sich trägt. Er überzeugt mich nicht. Allerdings ist es lange her, dass ich das Buch gelesen habe, es gibt also eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass ich falsch liege.

Aber eins ist klar: Immer das Unerwartete zu Erwarten, liegt weit außerhalb meiner Komfortzone.

Nachrichtenlage

Meine Nachrichtenfilter sind in den letzten Jahren scharf eingestellt. Früher habe ich meine Konzentration auf alle Medien gerichtet über die Nachrichten kamen. Als müsste ich unbedingt dabei sein, wenn die Welt sich wieder ein Stück weiterdreht. Heute mache ich es meist andersherum. Ich drehe ab. Man kann ja nicht immer dabei sein. Irgendwann ist man nur noch mittendrin und nirgendwo mehr zu Hause. Ich weiß nicht, wann es angefangen hat, aber ich musste meine Filter immer weiter nachschärfen. Aber immer war ich zu spät. Die Wirkung des Gifts hatte schon eingesetzt. Jedesmal war ich ein Tick hinterher.

Ich dachte lange, das liegt an mir, der Mimosenseele. Zu weich, zu empfindlich, zu leicht zu erschüttern. Als müsste ich mir eine dickere Haut zulegen, wie man sich einen neuen Wintermantel kauft: einen, der den Wind abhält, die Kälte nicht so durchlässt. Aber das Problem ist nicht der Mantel. Das Problem ist, dass die Kälte aus allen Richtungen kommt. Und sie hat ein Gesicht bekommen. Mehrere sogar. Einige sitzen im Bundestag, andere grölen auf Marktplätzen, wieder andere lächeln in Talkshows und sagen Dinge, die man früher nicht mal am Stammtisch gesagt hätte, wenn man Anstand hatte. Und dann ist da dieses Gefühl, dass man trotzdem noch nicht genug aufpasst. Dass man zu wenig gesagt, zu wenig getan, zu oft geschwiegen hat. Aber irgendwann – das merke ich jetzt – ist der Lärm so groß geworden, dass man sich selbst kaum noch hört. Also stelle ich die Filter noch feiner ein. Ich lasse nur noch durch, was mich nicht lähmt. Und das ist wenig.

Manchmal ein Satz, der mir begegnet. Eine Geste. Ein Foto ohne Hass. Ein Gedanke, der trägt. Ein Gedicht. Ein Lied. Ich sammle sie wie kleine Kieselsteine in der Tasche, damit ich nicht vergesse, dass es auch noch anderes gibt als Empörung und Verrohung.

Das ist nicht viel. Aber vielleicht ist es genau das Richtige.

unerwartet

„Der Krieg ist wie eine Krankheit, die unerwartet ausbricht. Und deswegen weist du auch nicht gleich, wie du dich verhalten und welche Wörter du verwenden kannst. „

Serhij Zadan

Wild und verletzlich

Sylvia Plath über #Mohnblumen:

„The poppies blow out their wild, scarlet souls.“
(„Die Mohnblumen schleudern ihre wilden, scharlachroten Seelen hinaus.“)

Wild und verletzlich. Nicht im Bild, die Gitter hinter denen die Mohnblumen stehen. Hab sehr gezittert und mich angestrengt, damit mir das Smartphone nicht aus den Händen fällt.
Genauso ist das Leben gerade. Kompliziert, aber das siehst du auf den Fotos nicht.

Mohnblumen in einem Garten
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